Keflavik …. zum ersten Mal sehe ich beim Landeanflug auch wo ich überhaupt hinfliege – es ist hell, anders als die letzten drei Male, als denen der Flug immer spät abends angekommen ist. Zumindest KÖNNTE ich etwas sehen, wenn ich auch am Fenster sitzen würde, was aber natürlich nicht der Fall ist. Dyrhólaey von oben wäre sicherlich nett anzuschauen. Oder die Katla. Oder … ach lassen wir das am besten.

Der Landeanflug scheint jedenfalls heute etwas ganz Besonderes zu sein, das Wetter ist dermaßen gut das bereits knapp 45 Minuten vor der eigentlichen Landung die Leute auf den Innenplätzen der Kabine Ihre Kameras ans Fenster durchreichen, damit von dort Bilder gemacht werden – ja ne, is klar.

Auch in den ersten Sitzreihen ist allerdings zu beobachten wie die Sitzplätze durchgetauscht werden damit jeder mal am Fenster sitzt. Hm … wüsste ich es nicht besser, könnte man glatt meinen, die Hälfte aller Passagiere fliegt heute zum ersten Mal oder draußen fliegen Ufos herum. Anscheinend ist es wirklich etwas Besonderes heute das man Island von oben komplett wolkenlos zu sehen bekommt. An einem 5 cm freien Stück Fenster kann ich mit ein paar Verrenkungen zufällig gerade Dyrhólaey entdecken. WOW! Danke, das reicht mir schon.

Wie auch immer. Leicht zähneknirschend wegen meines Platzes am Gang landet der Flieger pünktlich in Keflavik … welches inzwischen irgendwie zu meinem Heimatflughafen gewordenen zu sein scheint. Undenkbar noch vor zweieinhalb Jahren eigentlich, aber so kann es halt kommen. DIE Insel, von der ich eigentlich bei meinem ersten Besuch nach ein paar Tagen einfach nur noch weg wollte, hat mich nachhaltig echt gecatched.

Bei Autoverleiher Enterprise angekommen haben wir knapp 1.5 Stunden gewartet, bis wir endlich im Auto gesessen haben. Warum, habe ich die ganze Zeit nicht wirklich herausfinden können, es waren nämlich lediglich 4 Leute vor uns. Zwei davon wollten ebenfalls ein Auto übernehmen und zwei weitere eins abgeben – und genau DAS hat sich extrem in die Länge gezogen, weil draußen an den Autos alles akribisch kontrolliert und nach Schäden abgesucht wurde von den Mitarbeitern.

Einem kanadischen Pärchen wurde dann mal eben eine komplett neue Windschutzscheibe aufs Auge gedrückt und in Rechnung gestellt. Wie ich herausgehört habe alles nur, weil zwei kleine Steinschläge im Glas festgestellt wurden, die vorher noch nicht dort gewesen sind.

Ein mehr als schlechter Scherz und rosige Aussichten für unsere eigene Abgabe in einer Woche also. Als wir endlich an der Reihe sind und der Mitarbeiter mit uns rausgeht um den Kontrollgang ums Auto für die Übergabe zu machen versuchen wir vorzubeugen und zeigen ihm wirklich jeden Fitzel den wir feststellen – gerade auch in der Windschutzscheibe. Dort haben wir so viele kleine Katschen gesehen das er beim Anzeichnen in seine Skizze kaum noch Platz hatte, um überhaupt irgendwelche Markierungen zu machen *lach*

Das hier so etwas also bei zwei kleinen Steinschlägen komplett ausgetauscht wird scheint also schlichtweg gelogen zu sein, denn sonst wäre ja jetzt kaum die ganze Frontscheibe als bereits vorhandener Mangel markiert worden bei uns. Hin wie her glauben wir jedenfalls das wir so ziemlich alles haben dokumentieren lassen und auf der sicheren Seite sind … und um es vorweg zu nehmen, die Abgabe war völlig problemlos und hat keine zwei Minuten gedauert hinterher. Allerdings war auch niemand von den heute anwesenden Enterprise-Spezialisten im Dienst an dem Tag.

Der Skoda Octavia Kombi 4×4 hat jedenfalls die von mir vorher per Mail-Kontakt angefragten Spikes drauf, unterm Strich wären diese allerdings überflüssig gewesen wie sich herausstellen sollte. Trotzdem war es ein gutes Gefühl so ausgestattet zu sein im Zweifelsfall. Und im März hier auf Island kann einen ja alles und nichts erwarten beim Wetter.

Eine Woche vor unserer Ankunft gab es in Reykjavik zum Beispiel noch den stärksten Schneefall seit 1937 mit sage und schreibe 52cm Neuschnee in einer Nacht. Okay, Spikes hätten da wahrscheinlich auch nicht mehr viel geholfen, aber das muss man dann halt nehmen wie es kommt.

Hier und heute scheint jedenfalls die Sonne von einem nahezu wolkenlosen Himmel und wir machen es uns in unserem Gefährt erst einmal „wohnlich“. Viel war für heute nicht geplant eigentlich, „ankommen in Vik“ hatte ich für uns ins Auge gefasst. Es sind zwar nur reine zwei Stunden Fahrtzeit, bei der Planung bin ich aber natürlich nicht wirklich von diesem Vorzeigewetter heute ausgegangen und habe daher mit deutlich mehr gerechnet.

Gemütlich machen wir uns also auf den Weg durch das verschneite Island in Richtung Selfoss, wo wir erst einmal im Bonus etwas Proviant für die nächsten Tage einkaufen wollen. Auf dem Weg halten wir lediglich an einem kurzen Scenic Point kurz vor Hvaleyri.

Scenic Point bei Hvaleyri

Scenic Point bei Hvaleyri

 

Der Eindruck von hier oben ist schon einmal allererste Sahne, nur die in Richtung Osten dichter werdenden Wolken trüben den Gesamteindruck etwas. Aber wir wollen mal nicht übermütig werden und uns in irgendeiner Form beschweren, dazu gibt es keinen Grund. Nach dem Einkauf im Schweinchensupermarkt in Selfoss machen wir uns dann schließlich auf.

Erster Stopp ist kurz vorm Seljalandsfoss an einem kleinen Haltepunkt mitten im Nirgendwo, die Wolken haben uns quasi gezwungen hier kurz zu halten. Der Blick in die Ferne reicht bis zu Vestmannaeyjar, den Westmännerinseln. WOW!

Faszinierender Himmel gleich am ersten Tag. Einfach nur WOW!

Faszinierender Himmel gleich am ersten Tag. Einfach nur WOW!

 

Ein Stück weiter kann man bereits am Bergmassiv den Seljalandsfoss in die Tiefe fallen sehen. Falls sich jemand fragen sollte … ja, das Bild ist ein zusammengesetztes HDR.

HDR-Panorama

HDR-Panorama

 

Genau wie im letzten Jahr beschränkt sich unser Stopp am Wasserfall auf nur wenige Minuten. Die – man muss es leider so ausdrücken – Horden von Touristen sind dann doch nicht ganz unseres und so machen wir uns nach ein paar Eindrücken bereits wieder auf den Weg.

Der Seljalandsfoss ist auch im Winter gut besucht

Der Seljalandsfoss ist auch im Winter gut besucht

 

Ja, ich weiß, dass wir selber nur Touristen sind, aber das heißt ja nicht das man solche Locations mag, wo sich alles knubbelt. Es ist wie es ist, möchte man hier halbwegs alleine sein bleibt einem nichts anderes übrig als antizyklisch dieses Ziel anzusteuern – sprich früh morgens oder am frühen Abend. Im Sommer stehen die Chancen zudem deutlich besser, die langen Abende begünstigen dies natürlich.

Eine Aufnahme von oben lasse ich mir heute aber natürlich nicht entgehen, schließlich habe ich das Kopterding ja nicht umsonst mitgenommen. Das Foto ist das Resultat eines zweireihigen Panoramas aus jeweils 4 Bildern …

Der Blick von oben

Der Blick von oben

 

Unser nächster Stopp erfolgt an der Holtsós Lagune, wo sich die Wolken in der spiegelglatten Wasseroberfläche reflektieren. Von solchen windstillen Momenten habe ich bisher bei jedem Island-Besuch nur träumen können, heute ist es also endlich einmal soweit.

Dieser Moment stimmt mich schon mal mehr als glücklich. Wenn man hier bisher nur mit stärkerem Wind vorbei gefahren ist, weiß man gar nicht, was man verpasst.

Geniale Reflexion in der Wasseroberfläche der Lagune

Geniale Reflexion in der Wasseroberfläche der Lagune

 

Nächster Stopp: Skogafoss! Allerdings nur der Punkt an der Ringstraße wo sich heute tatsächlich mal mit etwas Glück der Wasserfall in dem Teich spiegeln könnte, falls es dort auch noch windstill sein sollte. Und in der Tat … es ist fast zu schön um wahr zu sein.

Spiegelung vom Skogafoss in einem kleinen See neben der Ringstraße

Spiegelung vom Skogafoss in einem kleinen See neben der Ringstraße

 

Inzwischen ist es schon später Nachmittag, die Wolkendecke ist dicker geworden aber hinter uns in Richtung Keflavik ist immer noch ein schmaler Streifen zu erkennen, wo es wolkenlos geblieben ist.

Und auch wenn sich hier bei uns inzwischen die Sonne verkrochen hat, die Hoffnung besteht noch das es dennoch einen dieser sagenumwobenen Sonnenuntergänge oben bei Dyrholaey zu sehen gibt. Glauben mag mir das zwar niemand so recht, aber hey – wir sind hier in Island und „sag niemals nie“ entwickelt sich hier immer zum geflügelten Satz ;-)

 

 

Dyrhólaey

So fahren wir als Erstes zum unteren Parkplatz am Kap Dyrhólaey, wo wir zum ersten Mal auf das raue Meer und die schroffe Küste treffen – und auf den von mir damals so genannten „Last Frontier“ Felsen, der hier wie ein letzter Wächter im Meer thront.

Der einsame Basaltfelsen vor der Küste

Der einsame Basaltfelsen vor der Küste

 

Windig ist es, verdammt windig sogar. Kein Vergleich zur völligen Windstille wenige Kilometer vorher noch. So unterschiedlich kann es sein hier. Man hat fast schon Probleme festen Stand zu finden beim Fotografieren und beim Arch hier peitscht das Wasser durch dessen Öffnung und beschert meinem Objektiv erst mal unschöne Wassertropfen. Na danke.

Der Arch

Der Arch

 

Mir fallen die Absperrungen zum ersten Mal auf, welche bei meinen sonstigen Besuchen hier noch nicht vorhanden gewesen sind und welche das Ergebnis von immer wiederkehrenden Unfällen hier sind.

Trotzdem gibt es auch heute einige Schlaumeier die sich nicht daran stören und sie einfach ignorieren. Dumm bleibt halt einfach dumm und Ignoranz ist eine Krankheit, welche man nicht wirklich therapieren kann. Absperrseile werden jedenfalls nicht umsonst gespannt, ich frage mich was daran so schwierig zu verstehen ist :-(

Langzeitbelichtung der Küste

Langzeitbelichtung der Küste

 

Wie auch immer, als die Zeit gekommen ist, um sich langsam aber sicher auf den Sonnenuntergang vorzubereiten (falls es tatsächlich noch einen geben sollte) fahren wir die kurze Gravelroad hoch zum Leuchtturm. Der Parkplatz ist recht gut gefüllt aber bei weitem nicht so voll wie letzten September, wo man kaum wusste, wo man überhaupt noch parken soll. Ein erster Blick über den Abgrund …

Einer dieser faszinierenden Sonnenuntergänge bei Kap Dyrholaey bahnt sich an

Einer dieser faszinierenden Sonnenuntergänge bei Kap Dyrholaey bahnt sich an

 

… und dann macht sich bei mir Rätsel raten breit. Lieber die Sony oder lieber den Kopter? Beides gleichzeitig geht ja nicht, also muss man sich für eines von beiden entscheiden. Inzwischen haben sich noch mehr Fotografen hier hoch verirrt, die sich allesamt allmählich vorne am Abgrund aufgebaut haben.

Fotografen bei Dyrholaey

Fotografen bei Dyrholaey

 

Zu Recht wie sich herausstellen sollte, denn in der Tat zwängt sich die Sonne noch unter die dicke Wolkendecke hervor in den schmalen, noch vorhandenen wolkenlosen Streifen am Horizont.

Ich bin immer noch hin- und her gerissen zwischen Aufnahmen von oben oder fotografieren vom Stativ aus. Ich entscheide mich erst für die Sony Kamera und nachdem ich diese nach einigen Aufnahmen zurück zum Auto gebracht habe, wandere ich mit der Phantom los. Es ist wieder Mal eine sagenhafte Stimmung hier oben, trotzdem muss ich sagen, dass ich niemals mehr so ein Licht gesehen habe wie letztes Jahr im September als ich hier oben gestanden habe. Das war wirklich filmreif. Aber das ist natürlich jammern auf hohem Niveau.

Bei der Planung der Reise bin ich ursprünglich davon ausgegangen, dass wir hier oben im Schneesturm stehen würden oder gar nicht erst hier hochkommen auf Grund der Straßenverhältnisse – was das angeht haben wir also wirklich Glück gehabt.

Dyrholaey Leuchtturm

Dyrholaey Leuchtturm

 

Der eigentliche Sonnenuntergang dauert dann eine gefühlte halbe Ewigkeit, anhand der Exif-Daten der Kameras werde ich hinterher feststellen, dass es knapp 45 Minuten gewesen sind. Wahnsinn, und das Anfang März, dunkel ist es erst gegen 20 Uhr tatsächlich geworden.

Sehr interessant ist auch das Glühen des gewaltigen Arches wenn die Sonne untergeht, das ist mir bisher noch nie aufgefallen. Oben auf dem Foto kann man es noch ganz leicht erkennen, das war allerdings schon ziemlich am Ende.

Dyrholaey Arch

Dyrholaey Arch

 

Dyrholaey Lighthouse

Dyrholaey Lighthouse

 

Dyrholaey Sunset

Dyrholaey Sunset

 

Dyrholaey Sonnenuntergang aus der Luft

Dyrholaey Sonnenuntergang aus der Luft

 

Glückselig nach diesem Erlebnis am ersten Tag und mit einer virtuellen Clownsnase im Gesicht, weil ich Recht behalten habe mit dem Sonnenuntergang, fahren wir schließlich zu unserer Unterkunft bei Martina & Jon. Was soll ich DAZU eigentlich noch großartig schreiben? Wer meine bisherigen Island-Berichte kennt weiß ja, dass ich mich hier einfach nur wohlfühle … und das nicht ohne Grund.

Wir werden herzlich von Jon begrüßt. Er macht es einem durch seine weltoffene und extrem sympathische und familiäre Art aber auch wirklich leicht … und das, obwohl er durch eine Operation kurz vor unserem Besuch nicht wirklich fit auf den Beinen ist und sich recht gemächlich durch die Gegend „schleppt“ zur Zeit.

Ich beziehe mein „altes“ Zimmer, wie klönen ein wenig und irgendwann fallen mir die Augen zu. Als ich nachts wach werde schaue ich ein oder zweimal aus dem Fenster – die Hoffnung, dass wir endlich Polarlichter fotografieren können, ist natürlich allgegenwärtig.

Aber, außer das es regnet und stürmt, ist nicht wirklich viel zu sehen bzw. zu hören. Rosige Aussichten für den nächsten Tag also. Aber mal schauen, das Wetter kann sich in den nächsten Stunden bis es wieder hell wird ja erfahrungsgemäß auch noch 12 Mal ändern. Gute Nacht …