Immer wieder werde ich bei den Ausarbeitungen und Vorbereitungen zu diversen Urlaubsreisen zwangsweise auch mit dem Thema Overtourism konfrontiert. Also Orte, die regelrecht „zu Tode geliebt“ werden, um es mal geschönt auszudrücken.

Nüchtern betrachtet sind das meistens Locations oder Orte, die gerade durch moderne Medien wie das Internet zu zweifelhafter Ruhm gelangt sind.

Häufig sind es sogar Orte, die bis vor wenigen Jahren völlig unbekannt gewesen sind, so genannte „ehemalige“ Secret Spots. Also Orte oder Locations, die zwar offensichtlich existieren, um die aber ein riesen Tohuwabohu gemacht wird wo sie genau liegen. Man sieht also irgendein Foto von Fotograf X oder Y und das Foto trägt dann irgendeinen frei erfundenen, meist vielversprechenden Namen à la ‚Mordor‘ oder ‚As time goes by‘. Der Phantasie sind dabei ja kein Grenzen gesetzt.

Nun gefällt mir der abgelichtete Ort aber zufällig ganz gut und ich wüsste halt ganz gerne, wo dieser sich befindet. Was liegt also näher, als den Fotografen anzuschreiben und zu fragen? Er sollte ja eigentlich wissen, wo er das Foto aufgenommen hat.

Theoretisch ist das auch richtig. Da dies aber ganz offensichtlich bei einigen Leuten zu Diskrepanzen führt und sie solche Orte lieber für sich beanspruchen, habe ich mal ein paar meiner Gedanken dazu aufgeschrieben. Denn im Laufe der Zeit habe ich völlig unterschiedliche Erfahrung gemacht.

 

Geheimniskrämerei und die Hintergründe

Natürlich könnte man einfach auf meine Frage antworten und mir den Weg zu dem Ort beschreiben. Allerdings gibt es immer zwei mögliche Antworten die ich erhalte

  • Der Ort wird mir samt Koordinaten gerne genannt, manchmal auch samt Tipps, wann die beste Zeit dort zum fotografieren ist
  • Ich bekomme eine patzige Antwort, was mir denn einfallen würde überhaupt danach zu fragen. Ich solle mir doch bitte eigene Orte suchen.

Hä, wie jetzt … ‚eigene Orte‘?? Das hört sich so an als würde derjenige den ich angeschrieben habe den Ort für sich beanspruchen. Doch warum ist das so ??? Bin ich als Unwissender weniger wert ??? Habe ich nicht ebenfalls ein Recht darauf mich an der Schönheit der Natur zu erfreuen ??? Der Hintergrund der Geheimniskrämerei ist meistens ein anderer, wie ich inzwischen weiß.

Denn auch ich bin mittlerweile dazu übergegangen, bestimmte Locations nicht mehr öffentlich zu nennen. War es früher für mich eine Selbstverständlichkeit bei den meisten Orten meiner Reise auch die GPS-Koordinaten mit dazu zu schreiben, so überlege ich es mir heute lieber zwei Mal.

Warum das so ist möchte in an Hand einiger EHEMALIGER Secret Spots verdeutlichen, die inzwischen auch dem Overtourism zum Opfer gefallen sind.

 

Blue Canyon

Ich erinnere mich beispielsweise an den Blue Canyon nähe Tuba City in den USA. Erstmals abgelichtet wurde der Ort um 2008 herum von US-Fotograf Fatali. Das Foto hatte den nichtssagenden Namen „Happily ever after“. Wie genau sich dann die genaue Location des Blue Canyon über Umwege herumgesprochen hat weiß ich ehrlich gesagt gar nicht.

Irgendjemand in der allseits „beliebten“ Fotocommunity hatte jedenfalls seinerzeit davon ein Foto gepostet und damit einen regelrechten Hype ausgelöst. Plötzlich wollten viele Leute wissen, wo dieser Ort denn wohl sein mag.

Schnell wurde vom Fotografen damals das Gerücht in Umlauf gesetzt, dass man ein Permit, also eine Erlaubnis, benötigen würde um den Ort zu besuchen. Diese würde man im Lee Chapter House in Tuba City erhalten. Eine recht abenteuerliche Diskussion darüber kann man auch heute noch nachlesen

Der Blue Canyon ist zum Glück halbwegs verschon geblieben vom Overtourism bisher

Der Blue Canyon ist zum Glück halbwegs verschon geblieben vom Overtourism bisher

 

Alternativ zu einer Permit dürfe man nur mit einem Indianer-Guide dort hin. Zwei frei erfundene Geschichten, da vor Ort keiner jemals von solch einer Permitvergabe gehört hat und irgendwelche ‚Guides‘ schlicht nicht existieren. Einheimische vor Ort, die ich unterwegs auf dem Weg zu Blue Canyon getroffen habe, haben lachend abgewunken und lediglich bestätigt das der Ort frei zugänglich sei – ohne jegliche Einschränkungen.

Beide Gerüchte hielten sich trotzdem hartnäckig und wurden immer wieder ‚garniert‘ mit Zutaten wie „Wenn man trotzdem hin fährt macht man sich strafbar“ oder „Einheimische haben sogar schon auf Fahrzeuge geschossen“. Ja ne, is klar. Beides ist natürlich Humbug gewesen. Irgendwann hat das dann auch der Letzte begriffen und der ach so geheime Blue Canyon war nicht mehr geheim.

Trotzdem kommen eben keine Reisebusse hier hin und man muss mit dem Mietwagen einige Kilometer Gravel Road fahren – vermutlich dürfte das der Grund sein, das echter Overtourism hier ausgeblieben ist. Wer die etwas längere Anfahrt in Kauf nimmt, der wird dies nicht ohne Grund machen. In erster Linie dürfte es fototechnische Gründe haben und nicht, weil man eventuell irgendwelche Hoodoos umschubsen möchte.

Die Kehrseite der Medaille ist beim Blue Canyon allerdings schnell zu erkennen. Es wird Müll liegen gelassen, offene Feuerstellen sind keine Seltenheit und hier und da wurde bei einzelne Hoodoos sogar nachgeholfen, damit sie Ihre steinerne Kappe oben verlieren. Achtet man nicht ständig auf den Boden, hat man vielleicht sogar Pech und tritt in menschliche Fäkalien! Was soll so etwas? Wieso kann man nicht einfach dort hin fahren und den Ort genießen? Warum muss man anfangen, solche Juwelen der Natur zu zerstören?

 

Horseshoe Bend

Eine andere Location die mir einfällt ist der Horseshoe Bend bei Page. Als ich die Flussschleife zum ersten Mal besucht habe stand an der Straße weder ein Hinweisschild, noch gab es einen ersichtlichen Parkplatz. Ein kleines Stück Schotter in der Pampa hat Platz für vielleicht 4-6 Autos geboten zum parken. Der primitive Trail führte dann querfeldein über einen Hügel zu eben jenem Horseshoe Bend.

Seinerzeit hatte ich ein Foto von dieser Location in irgendeinem Reisebericht gesehen, samt Hinweis wie man dorthin kommt. Es gab also keinerlei Ambitionen den Ort ‚geheim‘ zu halten oder gar als einen Secret Spot zu behandeln.

Heutzutage ist der Horseshoe Bend eine der bekanntesten Landmarken im gesamten Südwesten der USA und hat schon etliche Plakate geziert.

Der Horseshoe Bend leidet heutzutage unter Overtourism. Seine Nähe zur Hauptstraße wurde im zum Verhängnis

Der Horseshoe Bend leidet heutzutage unter Overtourism. Seine Nähe zur Hauptstraße wurde im zum Verhängnis

 

Die Stadt Page selbst war es schließlich, die eine Werbekampagne mit dem Horseshoe Bend veranstaltet hatte. Das war gleichzeitig der Anfang vom Ende. Overtourism war quasi vorprogrammiert. Da die Flussschleife zudem schön Reisebuskompatibel nur wenige Hundert Meter neben der Straße liegt, folgte in den kommenden Jahren ein Besucherandrang der seinesgleichen suchen sollte.

Von nur wenigen Besuchern in der Woche ist die Anzahl heute auf mehrere Tausend gestiegen … PRO TAG wohlgemerkt. Es gibt natürlich einen gut ausgebauten Trail und auch an Schatten spendende Unterstände entlang des Weges wurde gedacht.

Warum diese nur wenige Meter vom Parkplatz entfernt direkt auf der ersten Anhöhe stehen und keinerlei Sinn haben, außer das sie die Natur verschandeln, muss man wohl nicht verstehen.

Verschandelung mitten in der Natur, ein "Unterstand" für Sonnengeplagte Touristen

Verschandelung mitten in der Natur, ein „Unterstand“ für Sonnengeplagte Touristen

 

Der Parkplatz ist asphaltiert und bietet Platz für mehrere Reisebusse und zig Autos. Ein Eingriff in die Natur, den sicherlich nicht jeder gutheißen kann (mich eingeschlossen). Als Krönung gibt es nun seit einiger Zeit auch noch eine Besucherplattform am Canyonrand samt einem Geländer, damit man wohl nicht abstürzt.

Den Sinn dahinter muss man allerdings nicht wirklich verstehen. Rechts und links dieser Plattform steht man nämlich trotzdem ungesichert am Abgrund. Wäre die Wanderung zur Flussschleife 4 Kilometer lang, dann wäre der Natur das alles wohl erspart geblieben. Aber durch die Nähe zur Straße war das wohl absehbar und nur eine Frage der Zeit.

 

King of the Wings

Weiteres Beispiel eines ehemaligen Secret Spots ist der so genannte King of the Wings in de Ah-Shi-Sle-Pah Wilderness nahe den Bisti Badlands. Es muss so um das Jahr 2008 gewesen sein, als der unter dem ursprünglich nach seinem Entdecker genannte „Momo’s Wing“ zum ersten Mal auf einem Foto durchs Netz gegeistert ist.

Sein Entdecker wollte den Standort aber nicht preisgeben, was ich in diesem Falle absolut nachvollziehen kann. Da ich selber noch nicht dort gewesen bin und man sich trotzdem bildlich vorstellen kann worum es hier geht, folgt ein Foto von Getty Images. Dieses darf ich problemlos hier einbinden.

Embed from Getty Images

Die Formation scheint der Schwerkraft zu trotzen und es benötigt nur einen einzigen Idioten, der nicht verantwortungsbewusst mit der Natur umgeht. Der König aller Flügel ist dann vermutlich Geschichte. Rainer hat bei sich auf der Seite ein paar Zeilen dazu geschrieben und war auch schon persönlich dort vor Ort, ich denke sein Bericht dazu sagt alles Nötige aus.

Da der King of the Wings eher unzugänglich liegt, hat er trotz Besucherzuwachs bis heute „überlebt“. Man kann nur hoffen, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird und Overtourism hier noch sehr lange keine Rolle spielt. Von solch fragilen Formationen sind aber eh Wind und Regen die schlimmsten Feinde.

 

DC-3 Flugzeugwrack, ein Paradebeispiel für Overtourism

Einer der inzwischen bekanntesten (ehemaligen) Secret Spots auf Island war seinerzeit das alte DC-3 Flugzeugwrack in der Nähe von Vik. Selbst 2014 kannte es kaum noch jemand und die Recherche nach den GPS-Koordinaten im Netz glich der Sprichwörtlichen Suche nach der Nadel im Heuhaufen.

Trotzdem habe ich die Koordinaten damals über Umwege herausgefunden und stand in jenem Jahr vor den verrotteten Überresten der alten Maschine aus den USA, welche 1973 hier abgestürzt ist. Außer mir war nur noch ein Schweizer Paar vor Ort. Den lieben langen Tag wurde damals kein weiteres Auto dort gesichtet. Undenkbar heute!

Ein Overtourism - Paradebeispiel, hier ein Foto von 2014. Damals kannte das Flugzeug noch kaum jemand

Ein Overtourism – Paradebeispiel, hier ein Foto von 2014. Damals kannte das Flugzeug noch kaum jemand

 

Immer öfter sind die GPS-Koordinaten damals dann im Internet aufgetaucht und immer mehr Leute wollten das alte Wrack besuchen. Der Anfang vom Ende ist schließlich die Schuld von Justin Bieber (kein Witz), welcher in einem seiner Musikvideos unter anderem mit dem Skateboard über das Dach des Wracks rollt.

Wie extrem solch ein Ort sich verändern kann, konnte an diesem Beispiel jeder quasi live miterleben in den letzten Jahren. Durch den zunehmenden Besucherandrang (nichts anderes versteht man ja im Prinzip unter Overtourism) sind immer mehr Leute mit dem Auto abseits der markierten Piste quer durch die Sandurfläche gefahren und haben diese zerstört. Dazu muss man folgendes wissen

  • Offroad fahren ist in Island streng untersagt und wird mit empfindlichen Geldbußen „belohnt“
  • Eine Sandurfläche braucht über 10 Jahre um sich von solch einem Vandalismus wieder zu erholen

Irgendwann wurde es den Landbesitzern, auf deren Grund das Wrack steht, zu bunt. Die Zufahrt wurde mit einer Kette versperrt und der Weg dort hin war fortan nur noch zu Fuß möglich. Doch wer jetzt glaubt, dass die 5 Kilometer Retour viele Leute abschrecken würden, der irrt. Der Andrang hielt an. Und zwar SO stark, dass eigens ein mehrere Meter breiter Trail quer durch die Sandurfläche angelegt werden musste.

Der Parkplatz vorne am Beginn des Trails bietet heutzutage Platz für schätzungsweise mehr als 100 Autos. Und dieser Parkplatz ist quasi rund um die Uhr voll kann man sagen!!

WAS Overtourism mit einem Ort anstellen kann, merkt hier ganz extrem. Das Wrack wurde in den letzten Jahren mit Farbe besprüht, mit Feuer angezündet und es hat inzwischen zahlreiche Einschusslöcher. Okay, nüchtern betrachtet ist es nur ein Haufen Blech … aber WAS soll so etwas?

Muss man tatsächlich Löcher ins Äußere schlagen, nur um dann besser und bequem auf das Dach zu steigen um ein völlig bescheuertes Foto zu machen, was dann genauso aussieht wie im Clip von Justin Bieber? Ich denke wohl kaum.

 

Brúarfoss

Ein Ort, dem es nicht weniger gut erging in den letzten Jahren, ist der Brückenwasserfall Brúarfoss auf Island. Er befindet sich zwar nur wenige Meter vom Golden Circle entfernt, allerdings liegt er in einer privaten Ferienhaussiedlung. Es war ebenfalls im Jahre 2014, als ich diesen Ort zum ersten Mal besucht habe.

Auch hier hat es Ewigkeiten gedauert bis ich dazu die Koordinaten im Netz herausfinden konnte – es gab nämlich exakt nur eine einzige Seite auf welcher sie gestanden haben. Es war die Seite eines niederländischen Reisebloggers.

Die Gerüchte um die genaue Lage des Wasserfalls waren vielfältig und viele, die ihn gesucht haben, sind trotz der GPS-Koordinaten nie dort angekommen. Ich weiß nicht, ob es eher Zufall gewesen ist oder ich einfach nur wirklich gut recherchiert hatte, auf jeden Fall stand ich nur wenige Minuten nachdem ich seinerzeit das Auto geparkt und los gelaufen bin vor dem Wasserfall.

Alleine am Brúarfoss, das ist quasi undenkbar heutzutage. 2014 war es noch völlig normal

Alleine am Brúarfoss, das ist quasi undenkbar heutzutage. 2014 war es noch völlig normal

 

Kein Mensch war damals weit und breit zu sehen. In den folgenden Jahren war ich quasi einmal jährlich hier und habe mit Entsetzen miterleben müssen wie sich der Ort durch die steigende Popularität verändert hat.

Dazu muss man wissen: Es gab seinerzeit keinerlei Wegbeschreibung zum Brúarfoss, GPS-Koordinaten existierten schlicht nicht. Bis dann der oben bereits erwähnte niederländischer Blog welche veröffentlicht hat und ich es ihm gleichgetan habe. Von diesem Tag an machten diese Koordinaten im Internet die Runde.

Auf der einen Seite war das natürlich prima, da viele Leute wissen wollten wir man dort hinkommt und somit auf meinen Blog gestoßen sind. Auf der anderen Seite trage ich für DAS, was ab diesem Zeitpunkt passiert ist, auch definitiv eine gewisse Mitschuld. Durch das Beispiel des Brúarfoss ist mir vor Augen geführt worden, welche Verantwortung man da eigentlich hat, wenn man einen Blog betreibt und solche Orte an die Öffentlichkeit trägt.

Es gab damals zum Beispiel auch gar keinen offiziellen Parkplatz, den gab es eigentlich nie! Die Leute fuhren ohne Genehmigung in eine private Siedlung und parkten einfach irgendwo an Stellen, die so ausgesehen haben als wenn das Auto dort für ein paar Minuten stehen gelassen werden könnte. Dabei war und ist es ihnen egal, ob Sträucher, Gras oder sonstige Natur durch ihre Fahrzeuge zerstört werden und nur noch eine matschige Brühe übrig bleibt später.

Einheimischen Foto-Tour Anbietern scheint das im übrigen ebenfalls völlig egal zu sein. Auch solche Super Jeeps habe ich dort schon mitten in den Büschen parken sehen. Das es Foto-Touren sind, kann man ja immer leicht am Aufkleber auf dem Fahrzeug erkennen.

Ein großes Problem war auch der schmale Trampelpfad, welcher über eine kleine Holzbrücke durch eine Art Miniwald aus Büschen und Gestrüpp führt. Der Boden ist durch den großen Besucherstrom bereits 2016 so gut wie unpassierbar geworden. Knöcheltief ist der aufgeweichte Boden hier teilweise.

Mehr noch, es ist sogar zunehmend gefährlich, da es extrem rutschig ist und man mit etwas Pech schnell im eiskalten Bachlauf landet.

Matschepampe wohin man sieht, auch das ist eine Folge des Overtourism

Matschepampe wohin man sieht, auch das ist eine Folge des Overtourism

 

Als letzte Konsequenz wurde Ende 2017 die Zufahrt zur Ferienhaussiedlung gesperrt. Man kommt nun bei jeder der drei Zufahrten nur noch mit einer Keycard hinein. Als Ausweichlösung wurde an der Straße #37 bei der Brücke, welche über die Brúara führt, ein Parkplatz angelegt. Von dort aus muss man nun zu Fuß laufen, was die Laufzeit von bisher 5-7 Minuten locker auf 60-80 Minuten verlängert.

Das dies kein Hindernis für Viele darstellt sieht man ja am Beispiel des Flugzeugwracks. Trotzdem ist zumindest das Fahrzeugaufkommen in der Siedlung damit wieder im Ursprungszustand.

Der ehemalige Trampelpfad wurde inzwischen etwas restauriert, so das man sich wohl zukünftig keine matschigen Schuhe mehr holen dürfte. Die ursprüngliche Faszination dieses Ortes ist durch diesen Overtourism einfach weg jetzt.

Vorbei die Zeit, wo man völlig alleine und in aller Ruhe diesen wunderschönen Wasserfall genießen konnte. Um solche Dinge zukünftig zu vermeiden und um die Natur zu schützen, werde ich für bestimmte Locations die Koordinaten eben NICHT mehr einfach so für jedermann zugänglich online stellen.

Auch der Fjaðrárgljúfur Canyon im Süden Islands hat ein ähnliches Schicksal was Overtourism angeht. Anders, als es hier in diesem völlig übertriebenen Artikel so schön reißerisch beschrieben wird, hat aber natürlich nicht ein gewisser Herr Bieber die alleinige Schuld daran. Es sind auch dort wieder die völlig absurd und fern jeglichen Verstandes agierenden Touristen heutzutage.

 

Ein zweischneidiges Schwert

Wer jetzt alles aufmerksam gelesen hat wird festgestellt haben, dass es für mich beim Thema Overtourism sowohl ein Pro, als auch ein Contra gibt. Es ist ein bisschen ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite finde ich, niemand hat das Recht einen Platz irgendwo mitten in der Pampa einfach so für sich zu beanspruchen – bloß, weil er ihn als erstes abgelichtet hat.

Auf der anderen Seite kann ich es auch durchaus verstehen wenn man so handelt – sofern dies eine reine Schutzmaßnahme für die Natur ist und nicht aus Profitgier geschieht … denn auch dieser Fall ist mir über den Weg gelaufen.

Auf Nachfrage zu einer Gesteinsformation Nahe dem Valley of Fire bei einem Fotografen wurde mir sinngemäß geantwortet: „Tut mir leid, dazu können wir dir keine Auskunft geben. Wenn du jetzt auch den Ort besuchst und Fotos davon veröffentlichst oder den Namen nennst auf deinem Blog, können wir damit in unserem Buch kein Geld mehr damit verdienen.“

Vielleicht hätte ich antworten sollen, dass er froh sein kann, dass Voigtländer 1841 tatsächlich die ersten Ganzmetall-Kameras der breiten Masse vorgestellt und nicht für sich behalten haben – sonst wäre er ja heute arbeitslos. Diese Geheimniskrämerei aus purem Egoismus geht GAR nicht und wird von mir nicht unterstützt.

Man kann mit mir immer ganz normal reden. Wenn man mir beispielsweise Koordinaten nennt und einfach dabei erwähnt, dass ich diese bitte nicht veröffentlichen soll, so ist das kein Problem. Der Ton macht aber einfach die Musik.

 

Pro Geheimhaltung = Schutz der Natur

Auf der Pro-Seite steht für mich eindeutig der Schutz der Umwelt! Der Mensch ist schlicht und ergreifend der schlimmste Feind der Natur und durch immer respektloseres Verhalten vieler Touristen besteht die Gefahr das Orte nachhaltig geschädigt werden und für zukünftige Generationen vom Erdboden verschwinden oder zumindest bleibende Folgeschäden bekommen.

Sicher, einem Grand Canyon oder auch einem Horseshoe Bend ist es relativ egal, ob am Rim Geländer oder Plattformen in den Fels gehauen werden – diese Schluchten waren lange vor der Menschheit vorhanden und werden vermutlich auch lange nach uns noch dort sein.

Bei fragilen Gesteinsformationen, wie dem King of the Wings oder Trampelpfaden, wie zum Beispiel zum Brúarfoss, schaut das schon anders aus. Auch das sensible Moos in Island, über welches immer öfters einfach achtlos herum getrampelt wird, gehört mit dazu.

Solche Orte sollten eigentlich niemals der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden und auch ich werde zukünftig die Koordinaten solch sensibler Locations nicht mehr veröffentlichen. Es sei denn, ich kann dies machen ohne Bauchschmerzen haben zu müssen, das zukünftiger Overtourism dort die Natur nachhaltig schädigt.

In der heutigen Zeit ist es allerdings schwierig geworden abzuwägen was man problemlos veröffentlichen soll/kann/darf und was nicht. Viele Touristen werden immer respektloser der Natur gegenüber. Hier werden Absperrungen überstiegen, dort Gestein absichtlich zerstört, die einen riskieren Ihr Leben für Selfies an Abgründen und wieder andere gehen an lebensgefährlichen Stränden schwimmen als wäre es das normalste der Welt. Wenn jeder sich an bisher wenig besuchten Orten einfach nur normal verhalten würde wäre dieser Artikel hier überhaupt gar nicht nötig!

So lange es allerdings Idioten wie hier in diesem Artikel gibt, so lange wird es auch nötig sein solche Artikel zu schreiben. Common sense, gesunder Menschenverstand also, scheint heutzutage nicht mehr selbstverständlich zu sein. WENN er das wäre, müsste man sich nicht so viele Gedanken darüber machen, ob man die Koordinaten diverser Orte nun veröffentlicht oder nicht. Man könnte es einfach tun.

Ich bin bisher zum Glück nicht allzu oft in der Situation gewesen vor solch einer Entscheidung zu stehen. Beim Brúarfoss habe ich aber gesehen, wie schnell es gehen kann. Durch Internet & Co. wird so etwas irgendwann einfach zu einer Art Selbstläufer.

Das Netz der Netze ist leider Fluch und Segen zugleich und fördert gerade an früher eher wenig besuchten Orten den zukünftigen Overtourism dort. Insofern muss jeder einzelne von uns abwägen, welchen kleinen Stein er vielleicht mit der Veröffentlichung eines Fotos ins Rollen bringen kann. Im Falle des Brúarfoss ist es eine regelrechte Lawine gewesen.

 

Contra Geheimhaltung

Der größte Contra-Punkt für mich relativ einfach. Warum sollten einige Menschen gleicher sein als andere? Welches Recht nimmt sich ein geringer Prozentsatz Fotografen heraus, bestimmte Locations ‚für sich‘ zu beanspruchen? Natur ist für alle da, nicht nur für einen Bruchteil der sich selber als etwas Besseres sieht. Sofern die Absicht hinter solch einer Geheimniskrämerei also nicht der Schutz der Natur ist kann ich das nicht nachvollziehen.

Sollte gar Profitgier dahinterstecken, um beispielsweise mit der Exklusivität eines Spots Geld zu verdienen, weil man so der einzige ist der Auskunft und Wegbeschreibungen etc. erteilen kann, ist das für mich ein No-Go.

Wenn jeder immer alles für sich behalten würde, wäre die Welt heute nicht die in der wir alle leben. Wir würden nicht fliegen, fahren oder das Internet kennen. Oder wir würden all das doch, aber vielleicht in einer völlig anderen Art. Nichts Genaues weiß man nicht.

Hier gibt es einen sehr aktuellen Artikel über die Veränderung der Natur in Tasmanien durch den zunehmenden Tourismus … einfach nur bedingt dadurch, weil immer öfter Fotos von einzelnen Locations auftauchen und dann den Weg in die sozialen Netzwerken finden. Er regt hoffentlich zum nachdenken und auch umdenken an!

 

Was ist bloß mit den Menschen los heutzutage?

Wenn man sich die diversen Berichte aus dem Joshua Tree National Park im Südwesten der USA durchliest, die während dem aktuellen Shutdown entstanden sind, muss man sich ernsthaft fragen was mit vielen Menschen in der heutigen Zeit nicht stimmt.

Kaum sind keine Ranger mehr vor Ort in einem National Park wird Feuer gelegt, mit dicken SUVs abseits der Pisten quer durch die Botanik gefahren, es werden Joshua Trees regelrecht gefällt und in die Natur gekackt und uriniert.

Meine Eltern haben mich früher gelehrt: „Was DU nicht willst was man Dir tut, das füge auch keinem anderen zu“. Danach lebe ich seit ich klein gewesen bin.

Ich kann mir nicht ernsthaft vorstellen, dass einer der oben erwähnten Menschen es toll finden würde, wenn ich mit einem SUV durch deren Vorgarten brettere, sämtliche Bäume fälle und danach noch vor die Haustüre uriniere und einen Haufen drauf setze. Dazu muss ich nicht einmal meinen Verstand einschalten, es ist für mich eine Selbstverständlichkeit so etwas NICHT zu machen.

Genauso eine Selbstverständlichkeit ist es für mich, Natur, Tiere und Umwelt zu respektieren! Unserem Planeten geht es durch Habgier nach Rohstoffen, Ausbeutungen, selbst herbei gerufenen Naturkatastrophen, Kriegen und was weiß ich nicht noch schon schlecht genug. Jeder einzelne Mensch muss doch langsam begreifen, dass wir keine zweite Erde irgendwo als Reserve herum liegen haben !?

 

Warum also verhalten viele Menschen sich heutzutage so?

Warum ist es wichtiger, Absperrungen, Zäune, Barrieren zu ignorieren anstatt diese einfach zu akzeptieren und zu respektieren? Warum ist ein bescheuertes Selfie von einer Location, die vielleicht gerade bei Instagram „in“ ist, so viel wichtiger als das Wohl unseres Planeten oder das eigene Leben? Wieso begeben Menschen sich immer wieder abseits markierter Wege oder an den Abgrund einer Schlucht, bloß um sich dort ablichten zu lassen!?

Ich muss ehrlich sagen, ich kann es nicht nachvollziehen. Viele riskieren ihr Leben, für ein paar Däumchen nach oben auf irgendeiner unbedeutenden Social Media Plattform.

Aktuellstes Beispiel ist vermutlich der Walker Canyon in Kalifornien, der sich durch einen außerordentliche „Superbloom“ bei den Mohnblumen vor rücksichtslosen Touristen nicht mehr retten kann. Sieht auch den Artikel dazu.

 

Wie viel Verantwortung hat man als Reiseblogger?

Keine Frage, wenn man heutzutage Betreiber eines Reiseblogs ist bringt das auch eine gewisse Verantwortung mit. Ein veröffentlichtes Foto kann, wenn es gut läuft, schnell mal tausende von Menschen erreichen. Niemals weiß man, wie viele Idioten sich darunter befinden, die sich dann vor Ort benehmen als gäbe es kein Morgen mehr und völlig wahllos in der Natur herum trampeln.

Ich mag nicht noch einmal verantwortlich sein für solche Fälle wie oben beschrieben. Ich liebe diesen Planeten und kann nicht ansatzweise verstehen, warum sich manche Leute ihm gegenüber verhalten, als wäre es eine Mülltonne die man mal eben kurz vor die Tür setzt wenn sie überquillt und sich dann eine neue, leere und in Takte besorgt.

Den eigentlich angeborenen Menschenverstand lassen viele Menschen heutzutage leider vermissen. Ich weiß nicht, ob es mangelhafte Erziehung, Frust vom eigenen Leben oder sonstige primitive Gründe sind.

Betrachtet man sich alleine die Situation nach einem Unfall auf der Autobahn und beobachtet mal, wie viele Leute langsam an der Unfallstelle vorbei fahren um zu fotografieren oder zu filmen, kann man einfach nur k*tzen.

Das ist zwar ein völlig anderes Thema, geht aber eigentlich im Großen und Ganzen in die selbe Richtung. Es geht dabei nämlich um Respekt und Anstand. Ich habe so etwas früher noch von meinen Eltern und in der Schule beigebracht bekommen. Leider scheint das heutzutage nicht mehr die Regel zu sein!

Ich bin sicherlich kein Waisenknabe was Nachhaltigkeit angeht, schließlich fliege ich in den Urlaub statt mit der Bahn zu reisen. Ich esse Fleisch, statt mit vegetarisch oder vegan zu ernähren. Ich nutze Plastik, obwohl sich das sicherlich noch einschränken lassen würde. All das trage ich aber nicht auf dem Blog in die Öffentlichkeit. Denn jeder Blogbetreiber hat mehr Verantwortung als es auf den ersten Blick den Anschein haben mag. Auch ich habe das feststellen müssen.

Wenn ich heute Fotos vom Brúarfoss sehe muss ich oft schlucken und bekomme einen richtigen Kloß im Hals. Wie schön könnte es dort noch sein, wenn ich damals nicht die Koordinaten samt Wegbeschreibung veröffentlicht hätte? Nichts Genaues weiß man nicht. Vermutlich hätte es sonst jemand anderes gemacht wenn ich es nicht getan hätte. Aber das ist natürlich kein Argument.

Ich habe daraus jedenfalls gelernt, die Wegbeschreibung und Koordinaten zum Hobbit Hole (ein von mir selber frei erfundener Name für einen Wasserfall auf Snaefellsnes) habe ich schon vor langer Zeit wieder komplett entfernt hier auf dem Blog. Zu spät wie es scheint, auch dort halten inzwischen die Busse – oftmals der Anfang von Overtourism :-(

Ich habe jedenfalls eines erkannt, seit ich 2006 mit diesem Blog hier an die Öffentlichkeit gegangen bin. Auch wenn man nur ein kleines Sandkorn im Universum des Internets sein sollte, man kann trotzdem zu einem Solarsturm werden, ohne das man es am Anfang auch nur ansatzweise erahnen könnte.

Alles hat zu jeder Zeit unter Umständen irgendwelche Auswirkungen was man hier schreibt, zeigt und veröffentlicht. Es liegt danach allerdings auch an jedem einzelnen Leser oder Betrachter dieser Seite hier, seinen gesunden Menschenverstand nicht nur einzuschalten, sondern ihn auch zu benutzen und unsere Erde zu erhalten und nicht zu zerstören. Wir haben nämlich nur diese Eine!

Oliver Hummel hat sich auf seinem Kanal zu diesem Thema ebenfalls so sein Gedanken gemacht, schaut unbedingt mal bei ihm rein.


Hinweis: Zum Einbinden dieses Videos wird WP YouTube Lyte verwendet! Dadurch wird erst NACH dem Mausklick auf das statische Vorschaubild das eigentliche Video geladen. Mehr Infos, siehe Datenschutzerklärung.

 

Take only pictures, leave only footprints

An dieser Stelle mein Aufruf an Dich: Verhalte Dich respektvoll der Natur gegenüber. Bleib auf den gekennzeichneten Wegen und trampel nicht achtlos einfach dort herum, wo Absperrungen oder Verbotsschilder sind.

Zerstöre nicht die Natur, erhalte sie! Nutze Deinen gesunden Menschenverstand, wenn Du Dich fortbewegst. Oder möchtest Du, dass jeder der bei Dir zu Hause zu Besuch kommt einfach alles kurz und klein trampelt? Ich denke nicht.

In diesem Sinne: Take only pictures, leave only footprints! Und zwar nur dort, wo es auch erlaubt ist!

#notfromthisperspective

 

Interessante Links

Schau mal bei Friederike von Freiseindesign vorbei, sie hat ebenfalls einen sehr lesenswerten Artikel zum Thema Overtourismverfasst.

Der Instagram-Account Insta Wrecked ist ebenfalls ganz interessant, dort sind ausschließlich Locations aufgeführt, die unter dem Ansturm der Menschenmassen leiden und sich verändert haben.

Hinweis: Mit diesem Artikel nehme ich an der Blogparade Meine Verantwortung als Blogger teil, die von Tanja von taklyontour.de ins Leben gerufen wurde.

 

Und jetzt DU, was ist Deine Meinung zum Thema Overtourism ?

Wie handhabst DU das? Hast Du selber vielleicht schon mal solch einen Secret Spot entdeckt oder besucht und bist dir unsicher hinterher gewesen wie Du dich verhalten sollst? Die Lage einfach veröffentlichen, oder lieber doch nicht?

Oder hat sich ein Ort durch Deine Veröffentlichung vielleicht sogar nachhaltig verändert? Ich bin neugierig und würde mich über Deine Meinung freuen zum Thema Overtourism, Verantwortung als Reiseblogger oder Geheimhaltung von Secret Spots freuen.

 

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