Heute war „Puffertag“, geplant war daher nichts. Dass wir irgendwann später auf dem Fimmvörðuháls Trail landen würden, daran hätten wir zu diesem frühen Zeitpunkt wohl beide nicht gerechnet.
Aber beginnen wir von vorne. Beim Frühstück plaudern wir wieder mit Martina & Jón. Von mir aus hätten wir auch den ganzen Tag mit den beiden einfach nur quatschen können, das ist oftmals spannender als die Natur hier – und das soll was heißen.
Erster spontaner Plan morgens früh: Wir könnten ja einfach mal versuchen den Maelifell zu besuchen. Nach dem Frühstück fahren wir also gemütlich los gen Osten und pirschen uns zum richtigen Abzweig vor, der in diesem Fall auf die nicht asphaltierte F-Piste 231 führen würde. Doch eine dichte Nebelsuppe samt Dauerregen und keinerlei Andeutungen einer Wetteränderung Richtung Maelifell lässt uns diese Entscheidung überdenken.
Für alle denen der Maelifell nicht wirklich ein Begriff ist, die Rede ist von diesem Berg hier. So hätte das bei gutem Wetter also „aussehen können“.
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Richtung Westen war es heute Morgen jedenfalls hell, blauer Himmel kam durch … also warum hier in dieser ekeligen Wetterbrühe rumgammeln? Dieser blöde grüne Berg, den wir eigentlich damals schon besuchen wollten, rennt bis zum nächsten Islandurlaub bestimmt nicht weg. Der Maelifell war zwar eine meiner absoluten Wunsch-Locations für diesen Urlaub, aber nicht auf Biegen und Brechen. Wir sind ja garantiert eh nicht zum letzten Mal hier und irgendetwas braucht man ja auch immer noch, worauf man sich beim nächsten Mal freuen kann.
Spontan entscheiden wir uns, einfach mal oberhalb vom Skógafoss den Fimmvörðuháls ein Stück zu laufen. Diesen Wanderweg kennen wir beide noch nicht, bisher sind wir immer oben an der Plattform vom Skógafoss wieder umgedreht. Von daher wäre es ja vielleicht auch mal ganz interessant, wenn wir wüssten, wie es dahinter weiter geht. Der ein oder andere Wasserfall soll dort schließlich noch auftauchen.
Fimmvörðuháls
Diese Entscheidung stellt sich als Glücksgriff heraus, beim Skógafoss herrscht Traumwetter. Bereits auf den ersten Metern des Fimmvörðuháls finden wir eine Natur, wie man sie glatt in einem Herr der Ringe – Teil vermuten würde. Und das beste, es gibt wieder einmal kaum andere Touristen, die dort oben unterwegs sind – was will man also mehr?
Ich frage mich mehrmals unterwegs, wieso ich da oben noch nie weitergegangen bin bisher … das ist ein absoluter Traum!
Wir laufen den Fimmvörðuháls weiter bis zum Skálabrekkufoss, einem Wasserfalltraum, der sich kaum vor anderen Großen und bekannteren Namen verstecken braucht. Wieso zum Henker habe ich davon bitte noch nie vorher gelesen? Erst beim Schreiben des Berichtes sollte mir auffallen, das der Fimmvörðuháls wohl ein beliebter Wanderweg ist, den viele bis zu einer Holzbrücke in knapp 8 Kilometern Entfernung laufen und danach wieder zurückgehen. Die „richtigen“ Wanderer laufen ihn natürlich durch bis nach Thörsmork. Aber für eine nette Halbtageswanderung reicht es durchaus, wenn man nur bis zur Brücke läuft.
Nun, da haben wir also schon einmal ein Ziel fürs nächste Mal. Wobei ich mir auch durchaus vorstellen könnte, den Fimmvörðuháls einmal komplett bis Thörsmork durchzulaufen. Dann könnte man dort übernachten, am nächsten Tag Thörsmork ein wenig erkunden und einen Tag später den Bus früh morgens wieder zurück nehmen. Mal sehen, das werde ich auf jeden Fall für eine der nächsten Reise im Hinterkopf behalten.
Wie auch immer. Als wir den Skálabrekkufoss erreichen sind wir bereits knapp 2 Stunden unterwegs. Dabei ist der Wasserfall gerade einmal etwas über 2 Kilometer vom Skogafoss entfernt. Durchs ständige Fotografieren hier oben kommt man aber irgendwie kaum vom Fleck. Wir hätten aber in der Tat noch endlos weiterlaufen können, die Neugier war riesengroß.
Irgendwie möchte man immer wissen, was hinter der nächsten Ecke, dem nächsten Hügel etc. kommt. Das kennen einige vielleicht vom wandern in den Bergen. Doch wir entscheiden uns schließlich beim Skálabrekkufoss umzudrehen … nicht, dass wir tatsächlich irgendwann noch in Thörsmork landen *grins*
Unten beim Skógafoss wieder angekommen gibt es als Bonus noch ein Bild, was ich bei all meinen Besuchen bisher auch noch nie hatte. Nämlich einen extrem komischen, flachen Regenbogen. Dazu stören kaum irgendwelche anderen Leute das Bild vorm Wasserfall. Es ist halt alles ein wenig anders und leerer durch Corona aktuell. Fast bin ich geneigt zu sagen: Danke dafür. Wenn man weiß, wie voll es hier und da in Island inzwischen sein KANN, gerade auch am Skógafoss, dann sind solche verwaisten Eindrücke wie zurzeit einfach sehr, sehr außergewöhnlich.
Zurück im Auto zeigt das Thermometer 22 Grad. Unsere Köpfe sehen aus, als wenn wir drei Tage auf Malle am Strand rumgelungert hätten. Wir sind beim Laufen leicht cross angebräunt anscheinend.
- Strecke: 25,5 km vom Skogafoss nach Thörsmork
- Anstieg: 1.198 Meter
- Abstieg: 979 Meter
- Markierungen: durchgehend mit Holzpflöcken markiert
- Wegbeschaffenheit: Naturtrail, grasbewachsene Hänge, Geröll, im oberen Bereich Schnee- und Lavafelder
- Beste Jahreszeit: Mitte Juli – Mitte September
- Übernachten: Wildcampen im Naturschutzgebiet verboten, am Start- und Endpunkt Zeltmöglichkeiten; auf dem Fimmvörðuháls selbst gibt es 2 Hütten. Viele Wanderer Laufen die Strecke allerdings in einem Tag.
Reynisfjall
Es ist jetzt 14:21 Uhr, der Tag ist weder jung noch alt. Unsere Erwartungshaltung ist durch den Fimmvörðuháls jetzt nicht unbedingt kleiner geworden.
Wir beschließen, zu Fuß hoch auf den Reynisfjall zu gehen. Das ist DER Berg, vor dem man steht, wenn sich man unten bei Reynisfjara am Strand befindet und wo es letztes Jahr einen Geröllabgang gegeben hat. Früher konnte man auch auf den Berg hochfahren. Nachdem sich ein Tourist dort überschlagen hat mit dem Auto, ist das allerdings verboten und die Piste wird auch nicht mehr gewartet.
Zwei Möglichkeiten zum Parken gibt es, wenn man sich für eine Wanderung hoch auf den Reynisfjall entscheidet. Zum einen im unteren Bereich der Zufahrtsstraße bei den Koordinaten 63°25’12.9″N 19°00’56.1″W / 63.420245, -19.015586 (dort befindet ein kleiner Schotterparkplatz). Zum anderen kann man problemlos auf dem Parkplatz beim Lava Center unten in Vík í Mýrdal seinen Wagen abstellen.
Dort beim Lava Center parken wir heute ebenfalls. Schräg gegenüber steht bereits ein kleines Holzschild, welches auf die Wanderung hoch auf den Reynisfjall hinweist. Einfach die kleine Treppe hoch gehen und dann nach links abbiegen, dann gelangt man automatisch auf den richtigen Weg.
Der geschotterte Weg nach oben schlaucht auf dem ersten Kilometer allerdings ziemlich. In Anbetracht der extremen Steigung ist das aber auch nicht wirklich verwunderlich. Schon bald hat man einen ersten guten Blick auf den Ort Vik, der nun unter uns liegt.
Die Aussicht entschädigt uns allerdings für die Strapazen auf dem rund 8 km langen Roundtrip. WAS FÜR EIN UNGLAUBLICHER ANBLICK!
Links sehen wir Hjörleifshöfði, unter uns liegen die Basaltzinnen von Reynisfjara und rechts reicht der Blick nach Dyrhólaey. Hinter uns thront der gewaltige Myrdalsjökull. Eine Rundumsicht, die man sich wahrlich erarbeiten muss. Nur wenige kommen hier hoch, jeder einzelne davon hat es sich verdient.
Zwei Möglichkeiten hat man oben, den gewaltigen Felsmonolithen zu erkunden. Entweder man folgt einfach der Schotterpiste und landet irgendwann auf einer eher langweilig zu laufenden Strecke vorne am Rand der Klippen. Oder aber man wählt den Weg, für den wir uns entschieden haben und läuft links den Trampelpfad, der vermutlich von den Schafen stammt. Dieser führt quasi immer einige Meter entfernt vom Rand der Steilklippen entlang einmal bis nach vorne zu einem Punkt, wo man dann fast über den Felszinnen von Reynisfjara steht und auf diese hinunterblickt.
Von hier oben schauen diese irgendwie völlig anders aus, als wenn man unten am Strand stehen würde und die wahren Ausmaße dieser Dinger kommen hier oben in über 200 Metern Höhe (zumindest spuckt Burckhards GPS diese Daten aus) tatsächlich erst so richtig zum Vorschein.
Außer uns sind lediglich noch zwei weitere Wanderer hier oben, ab und zu laufen wir uns über den Weg. Aber durch die weitläufige Umgebung ist das eher Zufall. Wer den riesigen Felsen komplett umrunden und erkunden möchte (man kann bis auf die nördliche Seite einen markierten Trail laufen), der sollte ab dem Parkplatz unten gut und gerne 4 Stunden für dieses Vorhaben einplanen, würde ich schätzen.
Das Wetter sollte außerdem halbwegs gut sein. Oben gibt es so gut wie keine Möglichkeit sich unterzustellen und es war bei unserem Aufenthalt, obwohl es unten quasi windstill war, oben in dieser Höhe doch extrem stürmisch. Die Mavic Air 2 hatte ich zwar recht optimistisch eingepackt unten, an einen Start oben war aber nicht zu denken. Und das, obwohl ich inzwischen schon bei relativ starken Wind geflogen bin und diesbezüglich auch keine Bedenken habe.
Wie auch immer. Wir beschränken uns heute auf die südliche, dem Meer zugewandte Seite des Reynisfjall und sind alleine damit über 2.5 Stunden beschäftigt gewesen. Wären hier oben jetzt noch Papageitaucher gewesen, dann hätte sich der Aufenthalt sicherlich auch noch verlängert.
Um 18 Uhr sind wir schließlich zurück bei Martina & Jón. Völlig durchgeschwitzt. Und unsere Knie tun ein wenig weh vom vielen Laufen heute. Aber das ist nebensächlich. Der Tag war ein Geschenk. Eines, was so zwar gar nicht geplant oder vorhersehbar gewesen ist, aber solche Geschenke sind ja immer die schönsten.
Sonnenuntergang bei Kap Dyrholaey
Nachdem wir uns ausgeruht und ein wenig frisch gemacht haben, fahren wir zum Sonnenuntergang noch einmal kurz hoch zum Leuchtturm bei Kap Dyrholaey. Der Tag verabschiedet sich mit einem i-Tüpfelchen und ganz nebenbei sehen wir auch wieder den ein oder anderen Papageitaucher.
Genau DAS sind die Momente, die diesen Ort hier für mich so besonders machen. Das kann man nicht beschreiben, das muss man einfach selber mal erleben.
Das Abendessen gibt es wieder aus der Pfanne, ich habe Käsespätzle aus der Tüte von zu Hause mitgebracht. Kann man durchaus mal öfter machen, in den Tüten ist tatsächlich soviel drin, das man ganz gut satt davon wird.
Gefahrene Kilometer heute: 203