Heute: Birte von waitingishappiness.com

„Unsere Geschichten sind kleine Momentaufnahmen, die lange in Erinnerung bleiben. Sie handeln von intensiven Begegnungen mit wunderbaren Menschen, fremden Gerüchen und exotischen Geschmäcken. Von paradiesischen Landschaften und der Wirklichkeit dahinter. Von innerer Ruhe, grenzenloser Neugier, stiller Wahrnehmung. Und der Achtsamkeit auf Reisen.

Erzähl doch mal ein bisschen was über Deinen Reiseblog, wann hat er das Licht der Welt erblickt und wie hat sich das dann alles entwickelt?

Mein Blog hat genau genommen zweimal das Licht der Welt erblickt: Zuerst 2013, nachdem ich ein Bloggerseminar von Conni (damals planet backpack) und Sebastian (off-the-path) besucht hatte. Allerdings bin ich damals kaum zum Schreiben gekommen, denn ich habe mich gleichzeitig selbstständig gemacht. 2017 habe ich dann einen Neuanfang gemacht: Mit neuem Design und regelmäßigen neuen Geschichten.

Wie bist Du damals eigentlich auf den Namen für den Blog gekommen?

Die ganze Geschichte zum Namen hinter meinem Blog erfährt man in meinem allerersten Artikel auf dem Blog. 2012 bin ich – total gestresst von meinem damaligen Job bei der Zeitung – mit Freunden im Urlaub durch Asien gereist. Dort haben wir einen Tuk Tuk-Fahrer kennengelernt, der geduldig im Schatten auf uns wartete, während wir uns Angkor Wat anschauten.

Als wir zurückkamen, fragte ich ihn, ob ihm in seinem Job nicht langweilig sei. Ruhe war für mich damals immer mit Langeweile und Stillstand verbunden. Er aber antwortete mir: waiting is happiness – und da habe ich lange drüber nachgedacht. Heute versuche ich, viel mehr Ruhe und vor allem Achtsamkeit in mein Leben zu integrieren, was für mich zugegebenermaßen eine echte Lebensaufgabe ist.

Welcher Deiner bisherigen Artikel liegt Dir besonders am Herzen?

Da gibt es einige und alle drehen sich – wie auch der oben beschriebene – darum, dass ich im Ausland Erlebnisse hatte, die meine Lebenseinstellung bzw. mein Mindset, wie man so schön sagt, ordentlich durcheinander gewirbelt haben. In Kenia, wo ich vor kurzem eine Weile gelebt habe, durfte ich zum Beispiel die Bedeutung von Zeit, Glück und Reichtum ganz neu kennenlernen. Solche Erfahrungen sind in meinem Kopf noch sehr lebendig, selbst wenn ich schon lange wieder an einem anderen Ort bin.

Welcher Reisetyp bist Du, wie reist Du am liebsten? Hotels oder Camping? Mietwagen oder Wohnmobil? Teuer oder günstig etc. ?!

Ich reise am liebsten einfach, weil ich finde, dass man so das Land und seine Leute am besten kennenlernt. Menschen, die ich in einem guten Hotel kennenlerne, kann ich überall auf der Welt treffen. Ein Homestay aber gibt mir viel authentischere Einblicke, zumal, wenn ich ein bisschen länger bleibe. Auf Sansibar habe ich zum Beispiel mit Einheimischen gelebt. Glaub mir, was ich da erlebt und und über die Insel erfahren habe, steht in keinem Reiseführer!

Dazu muss ich aber auch sagen, dass ich inzwischen das Campen sehr lieb gewonnen habe. In unserem ausgebauten Kastenwagen reisen wir damit gerne fernab der Touri-Routen – und sehr gerne in die nahe Umgebung wie Schleswig-Holstein oder Dänemark. Schließlich finde ich es schön, nicht nur das Fremde, sondern auch die Heimat intensiv kennenzulernen.

Dein beeindruckendstes oder verrücktestes Erlebnis bisher auf Reisen war … ??

Da gibt es viele und sie alle haben mit Menschen zu tun, die mir auf Reisen begegnet sind. Besonders schön war, als ich mit einem Bus durch die Wüste gefahren bin und der mitten in der Nacht kaputtging. Der Fahrer lud uns einfach aus und sagte: „Morgen früh kommt ein Bus und sammelt euch ein.“ Ganz schön gruselig, immerhin war es meine erste richtige Reise allein. Aber in dieser Nacht habe ich zwei tolle Menschen kennengelernt und wir sind bis heute befreundet und haben noch weitere Reisen zusammen unternommen.

Ist auf einer Reise auch schon einmal etwas so richtig schief gelaufen? Hast Du es vielleicht sogar schon einmal mit der Angst zu tun bekommen?

Haha ja, es ist schon verdammt viel schiefgelaufen, aber das sind doch die Momente, an die man sich später erinnert. Ich bin zum Beispiel mal im Dschungel vergessen worden und musste dort übernachten. Und in Australien haben wir uns mitten in der Einsamkeit in einem Flussbett festgefahren. Während am Horizont pechschwarze Wolken die nahende Regenzeit ankündigten, die den Fluss in ein reißendes Gewässer verwandeln sollte, haben wir bei sengender Hitze (und vermutlich inmitten von allerlei giftigem Getier) unser Auto ausgegraben. Das sind natürlich Momente, in denen du dich fragst: „Was mache ich eigentlich hier?“

Rückblickend wächst man aber auch gerade dann besonders über sich hinaus. Und wirklich gefährlich wurde es nie, weil es auf meinen Reisen immer tolle Menschen gab, die mir geholfen haben. Außer in dem Flussbett …

Dein schönstes Erlebnis mit Tieren war … ??

Als ich in Kenia an meinem Laptop saß, gerade ein Telefoninterview machte und ein Komodowaran vorbei spazierte. Da war ich kurz ein wenig von der Arbeit abgelenkt.

Gibt es etwas, was Dich auf Reisen auch mal so richtig nervt?

Das ständige Tschüss sagen und vermissen: Ich vermisse ständig ganz liebe Menschen, die ich irgendwo auf der Welt getroffen habe und die leider sehr weit weg sind. Aber eines wünsche ich mir: Nie so sehr abzustumpfen, dass mich die Abschiede nicht mehr berühren.

Hast Du eine Art Herzensziel, einen sogenannten „Happy Place“? Also eine bestimmte Location, wo Du dich besonders wohl fühlst und wo es Dich immer wieder hin zieht?

Oh ja, sogar drei – Schweden, Kenia und Schleswig-Holstein. In Schweden habe ich mit 16 als Austauschschülerin gewohnt, direkt am Polarkreis, wo acht Monate im Jahr Schnee liegt und die Sonne im Sommer kaum untergeht. In Kenia habe ich meinen persönlichen Glücksort an der Küste gefunden, wo ich ebenfalls mehrere Monate gelebt habe. Und wenn ich zwischen meinen Reisen mal ein bisschen Heimat brauche, dann geht es zurück nach Schleswig-Holstein. Dort bin ich zwar nicht aufgewachsen, aber dort ist mein Zuhause.

Gab es auch schon mal einen Ort, der Deine Erwartungen NICHT erfüllen konnte oder wovon Du sogar schon einmal richtig enttäuscht gewesen bist?

Nein, das kann ich nicht sagen. Wenn ich an einen neuen Ort reise, dann bin ich meistens total unvorbereitet. Das hat den Vorteil, dass ich gar keine Erwartungen habe, die enttäuscht werden können. Was mir aber schon passiert ist: Ich habe mich selbst total überschätzt und kam dann zum Beispiel mit der großen Armut an einem Ort zuerst schwer zurecht.

Die für Dich persönlich beste Unterkunft bisher, ganz gleich welcher Art, war … ??

Mein Zuhause in Kenia: Ein Häuschen ganz ohne Fensterscheiben und umgeben von Dschungel, direkt am Meer gelegen mit wunderbaren Kitebedingungen.

Wenn Geld keine Rolle spielen würden, wohin würdest Du dann gerne einmal reisen?

Geld spielt auf meinen Reisen keine Rolle, weil ich zeitlich flexibel bin, deshalb günstig buchen kann und mit wenig auskomme. Ich finde immer einen Weg, mir meinen Traum zu finanzieren. Und die Liste an Orten, die ich unbedingt noch sehen möchte, ist lang: Patagonien zum Beispiel könnte wohl recht teuer werden.

Wenn Du Deine Reisen planst, wie genau gehst Du da eigentlich vor und wie viel Zeit steckst Du dann in die Vorbereitungen? Oder bist Du eher spontan und legst gar nicht so viel Wert auf Planung?

Auf neue Reiseideen komme ich meist durch Menschen, die ich auf meinen Reisen treffe: Wenn ich merke, dass sie ähnlich wie ich ticken und eine gute Empfehlung haben, dann buche ich schon mal ziemlich unvorbereitet einen Flug. Unvorbereitet insofern, als dass ich wenig zu dem Ort recherchiere und mich lieber überraschen lasse. Wenn es allerdings darum geht, den günstigsten Flug zu finden, kann ich Tage investieren.

Mit welchem Foto-Equipment bist Du unterwegs? Oder brauchst Du das gar nicht und fotografierst überwiegend mit dem Smartphone?

Ich habe eine Kompaktkamera, die so klein ist, dass ich damit in ärmeren Gegenden nicht unnötig auffalle, aber trotzdem so gute Fotos wie mit einer Spiegelreflexkamera machen kann.

Deine (maximal 10) Lieblingsfotos von unterwegs sind … ??

Urlaub muss sein– selbst für Digitale Nomaden. Von Mauritius sind wir nach Australien geflogen und dort mit einem Camper durch’s Outback gefahren.

Urlaub muss sein– selbst für Digitale Nomaden. Von Mauritius sind wir nach Australien geflogen und dort mit einem Camper durch’s Outback gefahren.

Auf Sansibar ist es wirklich paradiesisch – zumindest am Strand! Wer hinter die Fassade guckt, kann aber auch viel Armut entdecken.

Auf Sansibar ist es wirklich paradiesisch – zumindest am Strand! Wer hinter die Fassade guckt, kann aber auch viel Armut entdecken.

Martinique war die erste Station unserer Reise als Digitale Nomaden um die Welt. Dabei sind wir als Kitesurfer immer dem Wind gefolgt.

Martinique war die erste Station unserer Reise als Digitale Nomaden um die Welt. Dabei sind wir als Kitesurfer immer dem Wind gefolgt.

Mein täglicher Blick von der kenianischen Terrasse, auf der ich jeden Morgen mit Yoga in den Tag gestartet bin.

Mein täglicher Blick von der kenianischen Terrasse, auf der ich jeden Morgen mit Yoga in den Tag gestartet bin.

In Kenia haben wir ein halbes Jahr gelebt. Nirgendwo sonst bin ich so sehr mit dem Plastik konfrontiert worden, das täglich mit dem Meer an den Strand geschwemmt wird. Eine lokale NGO hat aus den Flip-Flops und Flaschendeckeln eine Schildkröte gebaut.

In Kenia haben wir ein halbes Jahr gelebt. Nirgendwo sonst bin ich so sehr mit dem Plastik konfrontiert worden, das täglich mit dem Meer an den Strand geschwemmt wird. Eine lokale NGO hat aus den Flip-Flops und Flaschendeckeln eine Schildkröte gebaut.

Inzwischen bin ich zurück in der Heimat, das sagen jedenfalls die anderen so. Tatsächlich hatte ich vorher noch nie in Flensburg gewohnt und konnte auch hier in Deutschland die Freiheit nutzen, mir den schönsten Ort als neuen Wohnort auszusuchen.

Inzwischen bin ich zurück in der Heimat, das sagen jedenfalls die anderen so. Tatsächlich hatte ich vorher noch nie in Flensburg gewohnt und konnte auch hier in Deutschland die Freiheit nutzen, mir den schönsten Ort als neuen Wohnort auszusuchen.

Nicht immer läuft alles glatt: Auf meiner ersten Reise, die ich ganz allein unternommen habe, wurde ich im Dschungel vergessen. Schlafen am Strand ging nicht – dafür waren zu viele gefährliche Tiere unterwegs.

Nicht immer läuft alles glatt: Auf meiner ersten Reise, die ich ganz allein unternommen habe, wurde ich im Dschungel vergessen. Schlafen am Strand ging nicht – dafür waren zu viele gefährliche Tiere unterwegs.

Du hast 2013 deinen festen Job bei einer Tageszeitung gekündigt und bist einen Tag später in die Transsibirische Eisenbahn gestiegen und von Moskau bis nach China gefahren. Wie kam es zu dem Entschluss? Ich meine, du bist ja nicht morgens wach geworden und hast gesagt „Soooo, mein Job ist blöd, ich reise jetzt und werde stattdessen digitale Nomadin!“

Nee, das stimmt. Ich habe mich tatsächlich einige Monate ganz schön gequält, bevor ich den Job gekündigt habe. Schließlich war es immer mein Traum gewesen, bei einer Zeitung zu arbeiten. Die Realität war dann anders, als ich sie erwartet hatte. Außerdem wollte ich die Welt sehen! Während meines gesamten Studiums hatte ich schon als freie Journalistin gearbeitet und wusste, dass das für mich funktioniert. Noch bevor es den großen Hype des Digitalen Nomaden-Lifestyles gab, dachte ich mir, dass ich die Chance, die mir mein Beruf bietet, nämlich von überall aus der Welt gutes Geld zu verdienen, einfach nutzen muss.

Der Rest war dann gute Vorbereitung. Bis ich Deutschland endgültig verlassen habe, vergingen drei Jahre, in denen ich mir meine Selbstständigkeit aufgebaut habe und immer schon mal wieder angetestet habe, ob das mit dem ortsunabhängigen Arbeiten klappt: Damals aus Malmö und einem kleinen Ort an der deutschen Ostsee – immer mit der Option, jederzeit zurückzukehren, wenn es beruflich notwendig wird. Wurde es aber nicht.

Du bist zusammen mit deinem Freund als digitale Nomadin um die Welt gereist. Wie genau muss man sich das eigentlich vorstellen? Gibt es einen groben „Plan“, wie lange man wo bleibt und wohin es als nächstes geht? Oder ist das tatsächlich alles eher spontan und je nach Lust und Laune? Und wie finanziert sich so etwas eigentlich, von irgendetwas muss man ja auch „leben“ ?

Ja, es gab einen groben Plan und der folgte dem Wind. Weil wir beide kitesurfen haben wir uns die Weltkarte geschnappt und geguckt, wo gerade Wind ist. Je nach Jahreszeit gibt es da nur eine begrenzte Anzahl an Zielen, was bei der Entscheidungsfindung ungemein hilft! Die Ziele haben wir dann immer spontan geplant und die Aufenthaltsdauer war meist schlichtweg durch das Visum begrenzt.

Stichwort Bucket List, hast Du überhaupt noch eine? Oder denkst Du Dir inzwischen, eigentlich ist es ja überall ganz schön? Und gibt es vielleicht auch Ziele, die Dich so rein gar nicht interessieren, obwohl sie vielleicht sehr beliebt bei anderen sind?

Ich habe tatsächlich inzwischen eine Bucket List, wobei mein Glück davon nicht abhängt, die Ziele zu sehen. Ich bin so froh und dankbar über all das, was ich schon erleben durfte. Während viele nach dem Motto „Das mache ich später mal“ leben, war mir immer wichtig, sagen zu können „Selbst wenn ich ab morgen nirgendwo mehr hinkomme, kann ich den Rest meines Lebens von dem zehren, was ich schon erlebt und gesehen habe.“ Was für ein Luxus, oder?

Ansonsten versuche ich, Ziele zu vermeiden, die bei Kreuzfahrschifffahrern beliebt sind oder diese nur in der Nebensaison anzusteuern. Ganz einfach, weil es mir dann dort viel zu voll ist und ich vom ursprünglichen Flair nichts mehr mitbekomme.

Bei den meisten anderen frage ich immer, ob sie es sich vorstellen könnten auszuwandern. Bei Dir Frage ich genau das Gegenteil: Wie kam es, dass Du wieder nach Deutschland zurückgekehrt bist?

Seit dem vergangenen Jahr wohne ich tatsächlich wieder in Deutschland. Viele verstehen nicht, wenn ich sage, dass ich für den Lebensstil, den ich mir aufgebaut habe und auch hier beibehalten habe, nicht ständig um die Welt reisen muss. Freiheit und Flexibilität im Kopf funktionieren auch gut, wenn man jeden Tag im gleichen Bett schläft. Im Sommer ist mir ein Job als Reiseleitung über den Weg gelaufen und es hat mir unheimlich viel Spaß gemacht, Urlauber auf ihrem Weg zum Nordkap zu begleiten. Von unterwegs hätte ich den nie machen können. Was ich sagen will: Nur, weil ich wieder eine feste Heimat habe, bin ich trotzdem noch frei.

Gibt es etwas, was Du abschließend den Lesern sagen und mit auf den Weg geben möchtest?

Was das Digitale Nomadentum angeht: Lass dich nicht von Menschen blenden, die dir einen Lebensstil im wahrsten Sinne des Wortes verkaufen wollen. Mein Text auf dem Blog dazu heißt „Bleib normal“ und genau das rate ich dir. Und: Achte auf dich! Denn Achtsamkeit ist sowieso das Wichtigste im Leben.

Wenn Dir das Interview gefallen hat, dann besuche Birte doch mal auf dem Blog und stöbere ein bisschen auf den Seiten dort!

waitingishappiness.com findest Du hier im Internet:

https://waitingishappiness.com (aktuell nicht erreichbar)

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Ganz lieben Dank von meiner Seite aus an Birte, die mir Rede und Antwort gestanden hat. Wenn Ihr selber noch ein paar Fragen an sie haben solltet, dann gerne ab damit in die Kommentare.

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