Das Frühstück heute ist wieder gut und stärkt uns für den Tag. Der Himmel ist weitestgehend wolkenlos und wir entscheiden uns daher, bevor es gen Westen in Richtung Eyjafjallajoekull geht, noch einmal spontan zurück zum Diamond Beach zu fahren. Danach steht der Fahrt in Richtung Selfoss durch die traumhafte Kulisse Südislands nichts mehr im Wege heute. Für viele gilt dieses Teilstück, zwischen Jökulsárlón und Selfoss, zum schönsten von ganz Island.
Ich kann das schlecht beurteilen. Ich bin zwar schon mehrmals jetzt hier entlanggefahren, das Wetter war aber nie wirklich so, das ich viel gesehen hätte unterwegs. Umso mehr habe ich mich beim Blick aus dem Fenster heute darauf gefreut.
Auf dem Weg zum Strand stoppen wir kurz auf der völlig leeren Ringstraße und machen ein Foto, was ich jetzt die ganze Zeit schon im Kopf hatte … nämlich durch die schier endlos scheinenden Strommasten durch.
Diamond Beach
Am Diamond Beach angekommen bekomme ich regelrecht Gänsehaut. Nicht etwa, weil es so kalt gewesen wäre – sondern weil die Stimmung vor Ort noch einmal gigantischer gewesen ist als gestern.
Das Wasser war fast völlig frei von jeglichen Wellen und die Sonne stand noch so tief, dass die an Land gespülten Eisklumpen regelrecht aussehen, als wenn sie aus Gold sind. So etwas habe ich mit eigenen Augen noch nie gesehen. WOW!
Ich kenne das nur von Bildern und habe immer davon geträumt, hier mal solch eine Situation vorzufinden. Heute ist es also tatsächlich so weit. Der Tag beginnt quasi so, wie er gestern geendet hat, mit einem echten Highlight … den goldenen Diamanten am Diamond Beach. Nur kurz nach Sonnenaufgang erstrahlt das Eis in dieser gigantischen Farbe.
Es fällt uns allen sichtlich schwer sich heute Morgen überhaupt hier zu lösen. Vielleicht wäre es leichter, wenn ich nicht an einem Eisklumpen festgefroren wäre *lach*
Jetzt müssen wir aber wirklich langsam los, wir haben schließlich noch ein gutes Stückchen Fahrt vor uns. Bye Bye Diamond Beach, du hast dich wirklich von deiner perfekten Seite gezeigt heute. Besser geht es eigentlich nicht mehr, denke ich.
An einer der kleinen Haltebuchten entlang der Ringstraße am Jökulsárlón stoppen wir noch einmal kurz und strecken unsere Nasen über den Hügel. Jede Menge Eis hat sich hier am linken Ende des Sees angesammelt.
Jetzt aber nichts wie los, sonst kommen wir hier irgendwie gar nicht mehr weg. Sprachs und schon folgt der nächste Stopp. Die Kulisse ist einfach ZU atemberaubend um einfach nur weiterzufahren.
Svínafellsjökull
Nach diesem kurzen Stopp fahren wir dann allerdings doch tatsächlich ohne erwähnenswerte Pausen durch bis zum Svínafellsjökull Gletscher, wo wir vorgestern schon beschlossen habe noch einmal zu halten, falls das Wetter heute besser sein sollte. Und viel besser geht es ja eigentlich nicht, von daher war schnell klar, dass wir hier erneut halten. Es ist wolkenlos, es ist absolut windstill, es sind kaum Menschen hier … fast zu schön um wahr zu sein.
Vermutlich werde ich nie wieder solche Bedingungen hier vorfinden, daher war es nur klar, dass wir uns hier noch einmal eine gute Stunde aufhalten und knipsen was das Zeug hält. Und da ist er dann wieder, dieser Moment … wo du einfach nur dasitzt, den Fotoapparat beiseite legst, voller Ehrfurcht auf den Gletscher schaust und dir vor Augen hältst wie klein wir Menschen eigentlich sind.
So sitzen wir da, jeder für sich. Manchmal bedarf es keiner Worte um die Natur zu beschreiben. Takk Fryr Island!
Und ab geht’s in die Luft, damals war das hier nämlich noch erlaubt.
Skaftafell National Park
Da wir es noch schön früh haben ist die Zeit heute ausreichend für einen Abstecher in den Skaftafell National Park, hoch zum Svartifoss. Ich dachte eigentlich, jetzt im Winter sei die Zufahrtsstraße zum oberen Parkplatz geöffnet, aber Fehlanzeige. So starten wir die knapp 30-minütige Wanderung vom unteren Parkplatz, vorbei am Hundafoss …
… und hoch zum schwarzen Wasserfall. Am oberen Aussichtspunkt entscheiden wir uns allerdings dagegen, weiter bis unten hinzugehen. Der Weg ist vereist und keiner von uns hat die Spikes-Überzieher dabei. Unten am Parkplatz lag nicht einmal ansatzweise Schnee, damit war also nicht wirklich zu rechnen. Aber vollkommen egal, auch von hier oben ist der Anblick einfach nur fantastisch heute.
Lustigerweise steht plötzlich dasselbe Pärchen neben uns, was wir vorgestern schon bei den Polarlichtern am Jökulsárlón abends getroffen hatten. Island ist manchmal eben kleiner als man denkt. Nach einem kurzen Plausch schauen wir uns auf dem Rückweg noch kurz die Torfhütten bei Sel an. Zumindest wollten wir das. So weit kommen wir nämlich gar nicht, da wir vorher deutlich fotogenere und ursprünglichere Hütten finden.
Zurück am Auto ist uns richtig warm geworden, die Temperaturen sind inzwischen zweistellig und wir sind deutlich zu dick angezogen irgendwie. Damit hätte ich im Vorfeld niemals gerechnet. Der Winter auf Island ist eben immer für eine Überraschung gut.
Lómagnúpur
Als Nächstes kommen wir wieder am Lómagnúpur vorbei. Der Berg präsentiert sich uns heute ohne Nebelvorhang und man kann erkennen, WAS das eigentlich für ein riesiges Monster ist.
Das höchste Gebäude der Welt, der Burj Khalifa in Dubai, wäre nur knapp höher als diese gewaltige Landmarke hier.
Nupsstadur
Nächster Stopp ist Nupsstadur, die alte Torfsiedlung mit der fotogenen Kirche. 3x war ich hier schon, ausreichend Fotos von unten habe ich daher bereits und somit versuche ich mal ein paar Aufnahmen aus einer anderen Perspektive zu machen.
Nach einem erneut kurzen Stopp bei Eldhraun …
Reynisdrangar
…fahren wir abermals kurz zum Black Beach nach Vik. Robert scheint echt einen Narren hier an dem Strand gefressen zu haben *grins*
Aber, wenn es einer verstehen kann dann ich. Für mich war es damals auch so eine Liebe-auf-den-ersten-Blick-Location. Auch hier ist es fast windstill, dass ich so etwas mal hier erleben würde hätte mir auch niemals jemand sagen dürfen.
Loftsalahellir
Der nächste Stopp war eine auch für mich bisher noch unbekannte Location. Dabei bin ich schon mehrmals daran vorbeigefahren, ohne zu wissen, das sich dieser Punkt dort befindet. Die Rede ist von Loftsalahellir. Man muss dazu einen relativ steilen Hügel nach oben kraxeln und landet quasi in einer kleinen Höhle, von welche man einen wahnsinns Ausblick hat in Richtung Dyrhólaey und Felsnadeln. Kaum zu glauben, dass ich das bisher nicht kannte.
Zum ersten Mal überhaupt ein Foto gesehen hatte ich wenige Tage vor diesem Urlaub bei Instagram. Natürlich ohne Ortsangabe oder irgendeinem Namen nach dem man suchen könnte. Nach ein bisschen Recherche war dann aber relativ schnell klar, wo sich die Höhle befindet.
Der Ausblick entschädigt jedenfalls für die Kraxelei hier hoch, man muss allerdings aufpassen das nicht eine der Möwen ihren Kot aufs eigene Haupt entleert. C’est la vie. Mit etwas Fantasie lässt sich übrigens ein Höhlentroll hier erkennen ;-)
Eyjafjallajoekull Farm
Der Tag neigt sich jetzt ganz allmählich dem Ende zu, wir halten aber noch kurz an der der Farm, die damals beim Vulkanausbruch vom Eyjafjallajoekull weltweit in die Schlagzeilen geraten ist. Tausende Flüge mussten wegen ihm damals gestrichen oder umgeleitet werden, es war das größte Flugchaos, an das ich mich erinnern kann in den letzten Jahren.
Dieser leicht auszusprechende Eyjafjallajökull-Zungenbrecher müsste daher eigentlich jedem noch in bleibender Erinnerung sein. Selbst T-Shirts kann man hier auf Island überall mit diesem Namen kaufen – schon kurios.
Hinweis: Zum Einbinden dieses Videos wird WP YouTube Lyte verwendet! Dadurch wird erst NACH dem Mausklick auf das statische Vorschaubild das eigentliche Video geladen. Mehr Infos, siehe Datenschutzerklärung.
An dem Gelände selbst sind übrigens Drohnen strengstens verboten, extra aufgestellte Hinweisschilder machen dies unmissverständlich deutlich. Vermutlich möchte man verhindern das vorne vom Gatter jemand sein Ding losschickt gen Eyjafjallajökull Farm und dort herumfliegt.
Seit März 2021 gibt es auf der Halbinsel Reykjanes, nur rund 30 Kilometer von Reykjavik entfernt, übrigens wieder einen neuen Vulkanausbruch auf Island.
Gljúfrabúi und Seljalandsfoss
Danach machen uns dann noch einmal auf zum Seljalandsfoss und Gljúfrabúi. Beide Wasserfälle haben wir ja irgendwie außen vor gelassen auf der Hinfahrt, es war einfach viel zu voll. Als Erstes knöpfen wir uns den Höhlenwasserfall vor, beschränken uns dieses Mal allerdings auf Aufnahmen von außen und aus der Luft. Mir war das irgendwie zu feucht darin letztes Mal.
Kurz vorm Sonnenuntergang heute schiebt sich eine unschöne Wolkendecke an den Horizont, auch wenn hier direkt über dem Wasserfall noch blauer Himmel ist.
Schade, eines dieser grandiosen Sonnenuntergangsfotos, wo man hinter dem Wasserfall steht und dann die Sonne dahinter untergeht, wäre dann aber wohl auch zu viel des Guten heute gewesen. So müssen wir schnell handeln und suchen uns einige Alternativen aus …
Wenn es dunkel wird, springt zwar irgendwann vor dem Wasserfall noch die Beleuchtung an und illuminiert ihn, da es bis dahin allerdings noch zu lange dauert verzichten wir darauf zu warten und fahren weiter in Richtung unserer Unterkunft, dem Lambastadir Guesthouse etwas außerhalb von Selfoss.
Eigentlich wäre der Tag damit jetzt beendet …, wenn … ja WENN ich nicht zufällig irgendwann gegen Mitternacht noch einmal wach geworden wäre und aus dem Fenster geblickt hätte. Ich kann meinen müden Augen eigentlich kaum richtig trauen, grünes Licht …. ächz. Also schnappe ich mir völlig schlaftrunken und ohne jeglichen Plan, was gerade eigentlich abgeht, Stativ und Kamera und hetze nach draußen. Polarlichter fotografieren ist angesagt.
Irgendwelche Einstellungen an der Kamera vorzunehmen vergesse ich komplett, also einfach auf manuell alles gestellt und versucht halbwegs den Schärfepunkt zu treffen wie ich ihn schon am Jökulsárlón eingestellt hatte. Das ich die angestrahlte Kirche dafür hätte nutzen können, um knackscharfe Ergebnisse zu erzielen, kommt mir gar nicht erst in den Sinn.
Zugegeben, das Panorama heute ist natürlich nicht ganz so spektakulär wie gestern noch am Gletschersee, aber darauf kommt es auch gar nicht an. Alleine zwei Mal in diesem Urlaub das Glück zu haben grünes Licht zu sehen ist schon mehr als ich für uns erhofft hatte. Als nach ein paar Minuten klar war das die Lichter nicht gleich wieder verschwinden würden bin ich schnell rein, um Robert zu wecken … ich wollte nicht riskieren, dass ich morgen früh einen auf die Zwölf bekomme, wenn ich ohne ihn Polarlichter fotografieren würde und plötzlich morgen früh freudestrahlend am Frühstückstisch sitze.
Der Weckvorgang erwies sich allerdings als gar nicht so einfach wie ursprünglich gedacht. Wir hatten jeder unterschiedliche Zimmer und irgendwie will man ja auch nicht in einer Unterkunft – wo auch noch einige andere Menschen gerade schlafen – völlig belämmert und wie ein Berserker gegen die Zimmertüre klopfen. Ein bisschen komme ich mir vor wie die Olle von den Geißens …. Rooooooooooobeeeeeeert!
Nach mehreren Versuchen hat es jedenfalls funktioniert. Genauso planlos wie ich vorhin und ohne irgendeine Einstellung vorgenommen zu haben, taumelt er wie ein Ballermann-Urlauber nach 2 Eimern Sangria aus dem Haus und postiert sich neben mir. Meine Fotos werden im Gesamten eher suboptimal wie man so schön sagt, aber darum geht es ja auch gar nicht.
Für Star Trek Freunde: Bei dem kleinen Sternenhaufen links auf dem ersten Foto handelt es sich um die Plejaden oder auch „sieben Schwestern“, einen so genannten offenen Sternenhaufen im Sternbild Stier. Es umfasst an die 1200 Sterne, ist etwa 125 Millionen Jahre alt und 415 Lichtjahre von der Erde entfernt. Auf dem zweiten sowie auf dem vorletzten Bild, dort wo ich die Arme nach oben strecke, kann man links von den Plejaden noch den Stern Aldebaran erkennen. Es ist der helle, linke des nach unten gerichteten Dreiecks bzw. dem V … bei diesem V handelt es sich um Hyaden, ebenfalls einem offenen Sternenhaufen.
Eine gute Stunde verbringen wir draußen, irgendwann stehen wieder zwei Asiaten hinter uns. Die sind irgendwie wie so ein Jeanny, der aus einer Flasche auftaucht, wenn man daran reibt. Kaum holt man seine Kamera raus und hat irgendwas gesehen, sind sie plötzlich auch da. Es war eine kuriose Stunde und schon recht lustig.
Wir hatten glaube ich beide keinen Plan was wir da machen, weil wir gar nicht richtig wach gewesen sind. Sämtliches Equipment was wir für Polarlichtshootings mitgenommen hatten, lag selbstverständlich logistisch äußerst praktisch im Zimmer irgendwo. Hier draußen wäre es ja auch völlig fehl am Platze *hust* Aber so ist das halt. Die Kirche im Hintergrund ist übrigens die Hraungerdiskirkja.
Nach einer guten Stunde lassen die Lichter schließlich nach, völlig durchgefroren verkriechen wir uns jeder wieder aufs Zimmer und treffen uns erst beim Frühstück morgens wieder. Gute Nacht.
Hinterlassen Sie einen Kommentar