Die Halde Schurenbach oder auch Schurenbachhalde in Essen ist von unten eher unspektakulär. Zumal sie auch unmittelbar neben der Autobahn A42 liegt und man sie selbst von dort aus nicht wirklich wahrnimmt. Trotzdem lohnt es sich aber, den 88 Meter hohen und 48 Hektar großen Hügel einmal genauer unter die Lupe zu nehmen, denn sie biete dem Besucher eine der fantastischsten Aussichten überhaupt über weite Teile des Ruhrgebietes.
Wie die meisten anderen Halden auch entstand die Schurenbachhalde als Abraumhalde durch den Steinkohlebergbau. Irgendwo musste das ganze taube Gestein (so der Fachbegriff für das nutzlose Material, was beim Abbau von Rohstoffen zu Tage gefördert wird) ja hin.
Und obwohl der Ort hier eigentlich näher an der Zeche Nordstern liegt, ist die Schurenbachhalde überwiegend durch Abraum der Zeche Zollverein entstanden. Erst nach deren Stilllegung im Jahre 1986 wurde hier auch bis Mitte der 90er Jahre Abraum von anderen Zechen aufgeschüttet. Anschließend erfolgte die Renaturierung und Umgestaltung als Landschaftsdenkmal durch die Internationale Bauausstellung Emscher Park (IBA).
Die Schurenbachhalde ist Teil der Route der Industriekultur und hat Ihren Namen von dem ehemaligen Bach Schurenbach, der nun quasi unter der Halde begraben liegt.
Am Tag ist der Ort heutzutage ein beliebtes Ausflugsziel bei Joggern, Mountainbikern, zum Lenkdrachen fliegen oder auch zum Spazierengehen mit dem Hund. Auch Fotografen verirren sich immer wieder hier her. Vermutlich auch, weil der 360° Rundumblick bei gutem Wetter wirklich nicht von schlechten Eltern ist.
Im Osten kann man sehr gut das Horizontobservatorium auf der Halde Hoheward sehen, weiter nördlich erkennt man das Tetraeder auf der Halde Beckstraße und auch die höchste aller Halden, die Halde Oberscholven, ist im Norden gut sichtbar. Auch die markante Doppelbogenbrücke im Nordsternpark samt Herkules-Figur auf der Zeche scheinen beide zum Greifen nah.
Südlich kann man die Kokerei der Zeche Zollverein erkennen, dahinter erscheint unweigerlich die Skyline der Stadt Essen im Blickfeld. Und weiter westlich erkennt man bereits den Gasometer in Oberhausen beim CentrO, der ebenfalls nicht allzu weit entfernt liegt.
Schurenbachhalde in Essen
Den Weg auf den Kopf der Schurenbachhalde kann man sich auf zwei Arten erarbeiten. Entweder man läuft die Treppe mit 267 Stufen von der Emscherstraße oder nimmt einen der Rundwege, die sich langsam um den Berg nach oben schlängeln. Beide Varianten beginnen unten an derselben Stelle.
Wählt man die Treppe, dann benötigt man für den Aufstieg zwischen 5 und 10 Minuten. Der Rundweg dauert natürlich ungleich länger, da er nur langsam ansteigt und immer um die Halde herum führt.
Während auf dem Weg nach oben noch alles wunderbar grün ist, erwartet einen oben angekommen ein leicht Mondähnlicher Anblick. Genau auf der Mitte der Ovalförmigen Halde befindet sich eine schwarze Metallplatte, die sogenannte „Bramme für das Ruhrgebiet“, die mich persönlich beim ersten Anblick irgendwie an den Monolithen aus 2001: Odyssee im Weltraum erinnert hat.
Der Rest des Plateaus ist schlicht, karg und besteht aus Geröll. An den Seiten gibt es einige kleinere Auffangbecken für Regenwasser, in denen sich an windstillen Tagen mit Glück tolle Spiegelungen mit der Kamera einfangen lassen.
Die Bramme für das Ruhrgebiet
Die gewaltige Bramme aus Corten-Stahl ist im gesamten 28 Meter lang. Nur 14,5 Meter davon sind aber sichtbar, die restlichen 13,5 Meter befinden sich unterirdisch. Anders wäre es vermutlich auch kaum möglich, das das Bauwerk den oftmals doch recht heftigen Windgeschwindigkeiten hier oben mühelos trotzt.
Im Gegensatz zu anderen Halden ist die Schurenbachhalde oben auf dem Kopf nicht komplett begrünt. Man ließ ihr absichtlich den Charakter einer Mondlandschaft, wo die Stahlbramme rein optisch auch deutlich besser hineinpasst. Das Kunstobjekt wurde als Landmarke 1998 aufgestellt und soll sowohl an die Tradition der Stahlproduktion im Ruhrgebiet als auch an die Zwangsarbeiter, die während des Dritten Reiches die Schurenbachhalde auftürmten, erinnern.
Entworfen hat das minimalistische Stahlkunstwerk der amerikanische Künstler Richard Serra. Mitte der 1960er Jahre experimentierte er zusammen mit anderen amerikanischen Künstlern mit industriellen Werkstoffen wie Blei und Gummi. Die Materialien wurden mit einfachen Eingriffen bearbeitet und in einen Bezug zum Raum gesetzt. Im Laufe der Jahre erweiterte Serra seinen räumlichen Ansatz, indem er bis heute mit wetterfestem Stahl arbeitet.
Auch an einer anderen Stelle im Ruhrgebiet kann man ein Werk von Serra sehen. In Bochum wurde in der Nähe des Hauptbahnhofes seine Skulptur Terminal aufgestellt, die bis heute nicht ganz unumstritten ist.
Die breiten Seiten der Bramme sind exakt nach Osten und Westen ausgerichtet, zusätzlich ist der 67 Tonnen schwere Stahlkoloss um 3° in Richtung Süden geneigt. Obwohl er 4,5 Meter breit ist, beträgt seine Materialstärke nur knapp 13 cm.
Solch ein riesiges Stück Metall zu fertigen war kurioserweise damals im Ruhrgebiet gar nicht mehr möglich. Es gab schlicht und ergreifend in der gesamten Region keinen Betrieb mehr, der es hätte walzen können. Die Bramme wurde daher in Frankreich von der Firma Creusot-Loire-Industries angefertigt.
Schurenbachhalde mit Rolli oder Fahrrad
Anders als auf der Halde Hoheward beispielsweise ist das gesamte Wegenetz hoch auf die Schurenbachhalde naturbelassen und nicht asphaltiert. Nach einem Regenschauer sind die Wege daher mitunter relativ matschig und es bilden sich vereinzelt auch größere Pfützen.
Ob das für Rollifahrer also unbedingt so geeignet ist, wage ich zu bezweifeln. Auch bei einem Besuch mit dem Fahrrad würde ich das Mountainbike einem Tourenrad vorziehen.
Am 26. Mai 2021 wurde für Mountainbiker zudem extra der sogenannte Brammen-Trail eröffnet. Der knapp 6 Kilometer lange Rundkurs führt über die Schurenbachhald sowie über die benachbarte Halde Eickwinkel und ist über den Knotenpunkt 61 auch eng mit dem Radrevier Ruhr verbunden.
Die Schurenbachhalde ist in den Emscher Park Radweg integriert und über den Nordsternweg zu erreichen, worüber man auch die Zeche Zollverein erreicht.
Vielleicht ebenfalls ganz interessant für einige: Der Anbieter Westheide Tour & Events bietet geführte Segway-Touren auf die Halde an.
Tipps zum Fotografieren
Eigentlich hatte ich bei meinem ersten Besuch nach einem starken Regenschauer damals auf ein paar Pfützen gehofft, in denen ich dann die ein oder andere Spiegelung mit der Kamera einfangen kann. Aber durch die naturbelassene Fläche oben auf der Halde versickert das Wasser vermutlich sofort wieder.
Die einzige Möglichkeit für Spiegelungen sind kleine Regenbecken seitlich der Brachfläche oben, quasi am Übergang zum Waldpark Schurenbach, der das Plateau umgibt. Knackpunkt: Von dort aus ist die Bramme leider relativ weit entfernt und nur noch sehr klein zu erkennen. Solltest Du also Glück haben und irgendwo oben eine kleine Pfütze an einem windstillen Tag entdecken, nutze sie. Viele Gelegenheiten gibt es dafür vermutlich nicht.
Ein Teleobjektiv ist definitiv von Vorteil, denn nur so kannst Du bei guter Sicht das Tetraeder in Bottrop oder auch die Skyline in Essen vernünftig auf Speicherkarte bannen. Beides ist zwar nicht weit weg, ohne vernünftigen Zoom nutzt das aber für ein Foto trotzdem nicht viel.
Auch zum Sonnenaufgang bietet sich ein Besuch an, da die Sonne – je nach Jahreszeit – genau hinter dem Horizontobservatorium aufgeht und man so wirklich tolle Fotos einfangen kann. Und mit etwas Glück spielt natürlich auch der Himmel mit und man kann die Bramme ganz nett in Szene setzen.
Kurios: Als ich bei meinem Fototrip früh Morgens zusammen mit Oliver Hummel oben auf der Halde angekommen bin um 5:40 Uhr, standen dort bereits einige Fotografen und haben sich auf den Sonnenaufgang vorbereitet. Der Ort scheint also relativ beliebt zu sein, zumal man sich hier gut aus dem Weg gehen kann, um keine fremden Personen mit im Bild zu haben.
Wichtig: Bei suboptimalen Wetterbedingungen nimm auf jeden Fall einen Rucksack oder Regenschutz für die Kamera mit, da es auf der gesamten Schurenbachhalde keinerlei Möglichkeiten gibt, um sich unterzustellen. Und der Weg nach unten dauert halt schon ein paar Minuten.
Schurenbachhalde Adresse & Parken
Interessanterweise gibt es keinen wirklich größeren offiziellen Parkplatz, daher muss man notgedrungen irgendwo auf dem Seitenstreifen den Wagen abstellen. Dazu gibt es rund um die Halde im Prinzip nur eine wirklich logische Möglichkeit, wenn Du mit dem Auto anreist, nämlich in der Emscherstraße.
Adresse fürs Navi
Emscherstraße
45329 Essen
GPS-Daten: 51°30’49.3″N 7°01’41.1″E | 51.513680, 7.028080
Einfach bei Hausnummer 202 noch weiter unter der Brücke (es ist die Autobahnbrücke unter der A42) durchfahren. Dort gibt es am Seitenstreifen Parkmöglichkeiten und dort befindet sich dann linke Hand auch der Zugang zur Treppe und für den Rundweg.
Anreise mit dem Bus
ÖPNV Haltestelle Altenessener Str. (Linie 107)
Ziele in der Umgebung
Quasi in Wurfweite liegt der Nordsternpark mit seiner markanten Doppelbogenbrücke und dem Förderturm von Schacht 1 der Zeche Nordstern samt Herkules-Figur auf dem Dach.
Den Nordsternpark erreichst Du innerhalb weniger Minuten ganz bequem zu Fuß, indem Du einfach unten an der Treppe links die Emscherstraße weiter und dann über die Kanalbrücke gehst. Dort gehst Du rechts am Rhein-Herne-Kanal entlang und befindest Dich bereits im westlichen Teil des Parks. Gerade früh am Morgen, wenn hier nur Jogger oder Leute mit Ihren Hunden beim Gassigehen anzutreffen sind, lohnt sich eine kleine Fototour.
Die Zeche Zollverein ist nur 4,5 Kilometer entfernt und fototechnisch sicherlich eines der interessantesten Ziele im gesamten Ruhrgebiet. Für einen Besuch dort solltest Du aber definitiv mehrere Stunden einplanen.
Etwas weiter nordöstlich der Schurenbachhalde befindet sich die ZOOM Erlebniswelt mit den drei Themenwelten Alaska, Afrika und Asien. Gerade für einen Familienausflug lohnt sich ein Abstecher dorthin besonders.
Ebenfalls lohnenswert: Die Halde Beckstraße mit dem Tetraeder im Norden sowie die Halde Rheinelbe mit der Himmelstreppe östlich der Halde sind jeweils in knapp 10 Minuten mit dem Auto erreichbar. Etwas länger fährt man zur Halde Haniel im Nordwesten mit ihren Holztotems. Die Aussicht von dort oben ist fast noch genialer als von der Schurenbachhalde.
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Noch viel mehr interessante Fotospots und Ausflugsziele findest Du in meinem Artikel zu den besten Sehenswürdigkeiten im Ruhrgebiet.
Das Ruhrgebiet ist Dir nicht groß genug? Wie wäre es dann mit über 100 Sehenswürdigkeiten in Nordrhein-Westfalen, die auf Dich warten?
Der Artikel über die Schurenbachhalde ist Teil der Reihe Fotospots im Ruhrgebiet hier auf dem Blog. Diese Reihe wird von Zeit zu Zeit immer wieder erweitert werden und einige fotografisch interessante Locations beinhalten, die nicht unbedingt als „Ausflugsziel“ einzuordnen sind, für Hobbyfotografen aber trotzdem ein lohnenswertes Ziel sein könnten.
Und jetzt Du
Bist Du selber schon bei der Schurenbachhalde gewesen? Wie hat es Dir dort gefallen? Und welche anderen interessanten Ausflugsziele oder Fotospots in Essen oder ganz allgemein im Ruhrgebiet kannst Du vielleicht noch empfehlen? Hinterlasse mir doch einen kurzen Kommentar, ich würde mich sehr darüber freuen.
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Lieber Andreas,
Du findest auch in offenbar trostlos erscheinenden Ecken tolle Spots zum fotografieren.
Es zeigt aber nur ganz deutlich, es kommt auf Licht und Perspektive an.
Großartig, dass Du uns bildlich jetzt auch vor Deine eigene Haustüre mitnimmst – zum Bilder genießen.
Viele Grüße, Katja