Es gibt Orte auf dieser Welt, die holen Dich direkt beim ersten Besuch ab. Solch ein Ort ist Kap Dyrhólaey im Süden Islands, bei dem beschaulichen Örtchen Vik í Myrdal. Als ich 2014 zum ersten Mal einen Fuß auf die Türlochinsel (so die deutsche Übersetzung des Namens) gesetzt hatte, war ich fast wie festgewurzelt. Welche Kraft Wind und Wasser haben, wird einem hier relativ schnell bewusst.
Der Name Dyrhólaey stammt von der gewaltigen Felsklippe Tóin, welche von den Steilwänden raus aufs Meer führt und unten am Wasser eine große Öffnung hat, die dort im Laufe der Jahrtausende entstanden ist. Es heißt, diese sehe aus wie ein Türloch. Daher der Name Türlochinsel, auf englischen Seiten gerne auch mal Door Hill Island genannt. Wobei der Begriff „Insel“ eigentlich irreführend ist, da durch die Straße # 218 Dyrhólaey inzwischen mit dem Festland verbunden ist. Man kann also ganz bequem mit dem Auto dort hinfahren.
Gewaltige Steilklippen, die an den höchsten Punkten um die 120 Meter hoch sind, zeugen vom ewigen Einfluss des Wetters und versuchen dem Meer zu trotzen. Hier, am südlichsten Punkt des isländischen Festlandes, prallen die Wellen ungebremst an die Felswände. Würde man sich eine Karte in die Hand nehmen und eine senkrechte Linie nach Süden ziehen, dann trifft diese Linie erst am Südpol wieder auf Land.
Knapp 100 Meter ragt die gewaltige Felsklippe hinaus aufs Meer, der Felsbogen unten am Wasser hat dabei eine Spannweite von knapp 32 Metern. 1992 sind zwei Isländer in einem Kleinflugzeug 3x hintereinander durch die Öffnung geflogen, nachdem sie dies vorher mehrmals vergeblich versucht hatten.
Der Zugang auf die Klippen wird immer wieder mal gesperrt, weil es an den steilen Klippen Geröllabgänge gibt. Sollte also eine Sperrung vorhanden sein bei Deinem Besuch, dann hat diese durchaus einen Grund und die Absperrung ist nicht zu übersteigen!
Kap Dyrhólaey » Sonnenuntergänge wie im Bilderbuch
Das 510 Hektar große Kap Dyrhólaey ist auf jeder Islandreise ein Muss. Nicht nur für Island-Ersttäter, sondern auch für Urlauber, die schön öfters hier gewesen sind. Kein Tag gleicht hier dem anderen, kein Sonnenuntergang ist auch nur annähernd identisch mit dem vorherigen.
Die steile Piste, welche auf das Kap hinauf führt und Anfang 2022 auch geteert wurde, ist im Winter nicht zugänglich und nur von circa Anfang März bis November befahrbar, abhängig von der Schneelage. Sie wird nicht gewartet, daher müssen Schnee und Eis auf natürlichem Wege abtauen.
Wenn man oben am Ende der Straße an dem kleinen Naturparkplatz ankommt, dann erwartet einen sofort ein gigantischer Ausblick in Richtung Südwestküste der Insel. Wenn man der Küstenlinie folgt, kann man bei guter Sicht Vestmannaeyjar, die Westmännerinseln erkennen. Dreht man sich um, schaut man auf Reynisfjara, jenen schwarzen Lavastrand, der zu einem der gefährlichsten, aber auch zu den schönsten der Insel zählt. Das Wasser hier wird niemals „wärmer“ als 10 Grad Celsius.
Egal wie oft man zum Sonnenuntergang oben auf diesem gewaltigen Felsen steht, jedes Mal überkommt einen hier regelrecht eine Gänsehaut. Kein Abend gleicht dem anderen, das wissen vor allen Dingen auch viele Fotografen, die immer wieder regelmäßig hierher zurückkehren.
Der Sonnenuntergang hier ist einfach anders irgendwie. Oftmals sieht es lange Zeit so aus, als würde gar nichts passieren und das Schauspiel würde „ausfallen“, bis dann der Himmel am Horizont plötzlich doch noch aufreißt und die Farben regelrecht explodieren. Man kann das schwer in Worte fassen, so etwas muss man tatsächlich live und mit eigenen Augen erleben, um es zu verstehen.
Der Leuchtturm Dyrhólaeyjarviti
Der ursprünglich 1910 erbaute Leuchtturm Dyrhólaeyjarviti wurde 1927 umgebaut und ist heute dank einer 1000-mm-Drehlinsen der hellste Leuchtturm des Landes. Sowohl tagsüber als auch bei Nacht ist er ein hervorragendes Fotomotiv. Lange Jahre hat der Leuchtturmwärter früher im Leuchtturm selber gewohnt.
Der Leuchtturm ist eigentlich immer recht fotogen. Am schönsten ist er aber wohl zur Blue Hour, wenn das Leuchtfeuer gerade angegangen ist. Und auch Nachts lohnt sich ein Blick, da er sich wunderbar mit dem beeindruckenden Sternenhimmel hier an der Südküste in Szene setzen lässt.
Papageitaucher am Kap Dyrhólaey
In den Felsklippen von Dyrhólaey findet man zwischen Mai und Ende August auch immer jede Menge Papageitaucher. Auch Eiderenten und Möwen sind in großer Anzahl vorhanden.
Die meisten Leute interessieren sich aber natürlich für die Papageitaucher, die man hier recht gut beobachten kann, wenn man den Trail vom Leuchtturm oben runter zum unteren Parkplatz läuft. Der Weg ist gut 1 km lang und führt nur wenige Meter an den Steilwänden vorbei, wo die Vögel nisten. Wenn man sich vorsichtig nähert, bleiben sie meistens auch unbeeindruckt sitzen.
Vermeide es aber unbedingt, zu nahe an den Rand der Felswände zu gehen. Die Vögel unterhöhlen diesen und haben Ihren Bau dort drunter, sodass der Boden instabil sein kann. Auch komplette Felsabgänge hat es hier immer wieder Mal gegeben! Höre also auf Dein Bauchgefühl, wenn Du vor hast, die Papageitaucher hier zu fotografieren.
Weitere beliebte Orte auf Island, um Papageitaucher zu sehen, sind Látrabjarg in den Westfjorden und Borgarfjarðarhöfn im Osten. Es gibt aber natürlich noch deutlich mehr. Alle weiteren Informationen, die für Deinen Besuch wichtig sind, findest Du in meinem Artikel Papageitaucher auf Island.
Top Location für Polarlichter
Wer in den Monaten August, September, Oktober, November, März und April in Vik sein sollte, der kann mit etwas Glück oben vom Leuchtturm aus Polarlichter beobachten. Die Lage dort ist perfekt, weil man quasi eine freie 360 Grad Rundumsicht von dort oben hat. Da Polarlichter, entgegen der weit verbreiteten Annahme, nicht immer nur im Norden erscheinen, stehen die Chancen hier relativ gut.
Falls Du noch gar keine Erfahrung damit haben solltest, ist vielleicht mein Artikel über Polarlichter fotografieren ganz hilfreich für Dich. Darin erfährst Du alles, was Du für Deine ersten Gehversuche wissen musst, wenn Du dieses faszinierende Naturschauspiel auf Speicherkarte bannen möchtest.
Aussichtspunkte bei Kap Dyrhólaey
Alleine die Anzahl der sehenswerten Punkte beim Kap Dyrhólaey ist so groß, das ich jedem nur dazu raten kann, Minimum zwei Übernachtungen in Vik einzuplanen. Ein voller Tag hier MUSS einfach sein, da es auch in der näheren Umgebung recht viel zu sehen gibt.
Egal ob man nach Þakgil hochfährt, zum Flugzeugwrack läuft, die Abbruchkante des Sólheimajökull im Westen oder den Felsmonolith Hjörleifshöfði im Osten besucht, es gibt viel zu sehen und erkunden in der Gegend. Es folgt eine kleine Auswahl von Aussichtspunkten bei und auf Kap Dyrhólaey.
Karte Kap Dyrholaey Aussichtspunkte und sehenswerte Orte in der Umgebung
Dyrhólaós mit Blick auf Katla
An der Dyrhólaos Lagune kommt man zwangsweise vorbei, wenn man auf der Straße #218 in Richtung Dyrhólaey fährt. Leider gibt es unmittelbar an der Lagune keine Parkmöglichkeiten, daher tut man gut daran, das Fahrzeug ein Stück davor oder danach auf den wenigen vorhandenen Schotterplätzen abzustellen. Aber der Stopp lohnt sich, denn bei guter Sicht hat man einen phantastischen Blick auf den Mýrdalsjökull samt Katla. Und an windstillen Tagen spiegeln sich dazu noch der Himmel und die grünen Berge der Umgebung im seichten Wasser der Lagune. Ein traumhafter Anblick.
Unterer Bereich mit Blick auf Basaltfelsen
Wenn man die Straße #218 bis zum Ende durchfährt und nicht die Stichstraße hoch zum Leuchtturm fährt, dann gelangt man zu einem inzwischen gut ausgebauten Parkplatz. 2016 war dort noch ein kleiner Schotterparkplatz und man konnte bis ganz nach vorne zu den Klippen fahren, der Tourismusboom der letzten Jahre hat aber auch hier dafür gesorgt, dass die Parkmöglichkeiten erweitert wurden.
Im Gegenzug ist es dafür seit Januar 2017 NICHT mehr möglich, an dieser Stelle runter zum Strand Kirkjufjara zu laufen. Dort kam es immer wieder durch Unvernunft und leichtsinnige Touristen zu Unfällen und auch Todesfällen, weil Leute die Wellen unterschätzt haben und ins Meer gesogen wurden. Der Strandabschnitt hier ist deutlich schmaler als drüben bei Reynisfjara, sodass es keinerlei Ausweichmöglichkeiten gibt.
Wenn man heutzutage vom Parkplatz den Fußweg weiter geht, dann bieten sich dem Besucher trotzdem immer noch ein paar tolle Aussichtspunkte. Sowohl nach Dyrhólaey als auch nach Reynisfjara. Auch ein kleiner Arch befindet sich hier.
Folgt man dem Weg nach links, dann hat man im Sommer die Möglichkeit auch dort Papageitaucher in den Felswänden zu sehen. Die Vögel schwirren hier regelrecht über den Köpfen teilweise.
Loftsalahellir
Die kleine Höhle Loftsalahellir liegt eher unscheinbar neben der Straße #218 und wird leicht übersehen. Meistens nimmt man sie nur wahr, wenn zufällig ein Auto dort in der Nähe auf dem unscheinbaren Naturparkplatz steht. Der Aufstieg ist kurz, steil und kann rutschig sein, je nachdem wie feucht das Gras ist. Der Ausblick in Richtung Dyrhólaey lohnt sich aber umso mehr.
Reynisfjall mit Blick auf Kap Dyrhólaey
Wer etwas länger in Vik bleibt, der sollte auf jeden Fall die rund 8 km (Retour) lange Wanderung auf den Reynisfjall in Angriff nehmen. Diese ist zwar steil und schlaucht gerade auf dem ersten Kilometer recht arg, der Ausblick von dort oben in Richtung Kap Dyrhólaey ist aber jede Mühe wert.
In 200 Meter Höhe wandert man über den Bergrücken und hat die Wahl, entweder der Schotterstraße bis ans Ende zu folgen oder linke Hand an den Klippen entlangzulaufen. Tipp: Der Hinweg sollte ruhig entlang der Klippen führen, zurück kann man dann ruhig die Schotterpiste nehmen.
Früher war es auch möglich mit dem Auto hoch zu fahren, seitdem sich ein Tourist dort auf dem Weg nach oben aber mit dem Mietwagen überschlagen hat, ist die Zufahrt offiziell und dauerhaft gesperrt. Den Anblick der drei Felszinnen aus dieser doch recht ungewöhnlichen Perspektive und die faszinierende Aussicht rüber nach Dyrhólaey muss man sich also per Pedes erarbeiten.
Unterkünfte in der Nähe
Als absolute Top-Empfehlung meinerseits möchte ich jedem, der in Vik übernachten möchte, die Farm von Martina und Jón ans Herz legen. Mehrere Male habe ich inzwischen dort gewohnt. Es ist für mich die beste und authentischste Unterkunft überhaupt, die man in dieser Gegend zum Übernachten auswählen kann. Zudem ist es immer noch mit am günstigsten bei den Beiden.
Gerade einmal drei Doppelzimmer bieten Martina und Jón an. Diese sind in aller Regel immer weit im Voraus ausgebucht. Ein Grund dafür könnte die unfassbar geniale Aussicht bis nach Kap Dyrhólaey und vor allen Dingen auch das beste Frühstück sein, was man sich nur vorstellen kann.
Aufgetischt werden fast ausschließlich eigene Produkte. Angefangen vom selbst gebackenem Brot, eigene Wurst, frischer Fisch aus dem Bach oder Kräuter und Käse aus eigenem Erzeugnis bis hin zu essbaren Blumen. Muss man erleben, kann man nicht erklären. Die ungeheure Gastfreundschaft der Beiden kommt als i-Tüpfelchen noch oben drauf. Auch wenn man noch nie dort gewesen ist, kommt es einem vor, als wenn man nach Hause kommt.
Kurze Info: Buchen kannst Du ein Zimmer zwar auch über AirBnB, besser ist es aber die beiden privat anzuschreiben. Die eMail-Adresse oder WhatsApp-Nummer lasse ich Dir gerne zukommen. Als Dank winkt ein besserer Preis, als Du ihn bei AirBnB bekommen würdest (Reisewut-Freundschaftspreis quasi) und ein garantiert unvergesslicher Aufenthalt.
Weitere Unterkünfte
Gut zu wissen
- Dyrhólaey wurde 1978 zum Naturschutzgebiet erklärt, daher gilt dort heutzutage ein Flugverbot für Drohnen. Eindeutige Schilder weisen darauf zusätzlich hin. Mehr Informationen dazu findest Du im Artikel Drohnen in island.
- Oben beim Leuchtturm gibt es keine Toilette, diese findest Du am Parkplatz des unteren Aussichtspunktes.
- Beste Tageszeit, um Papageitaucher zu fotografieren, ist der frühe Vormittag oder spät Nachmittags.
- Die allgemeine beste Zeit für einen Besuch von Dyrhólaey ist zum Sonnenuntergang.
Und jetzt Du, bis Du selber schon bei Dyrhólaey gewesen?
Falls ja, wie war Dein Besuch damals und was hast Du erlebt? Berichte mir doch davon in den Kommentaren, ich würde mich sehr darüber freuen.
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Lieber Andreas,
Bei deinen Island Berichten komme ich immer ins Schwärmen! Wunderschön!
Das Kap sieht übrigens aus wie der Rocher Percé in Québec. Schau Dir unsere Bilder dazu an (Fotoparade 2019).
Viele Grüße von Sanne
Hallo Andreas,
wir planen momentan eine Reise nach Island im Sommer 2023.
Könntest du mir bitte die Kontaktdaten von Martina und Jon zusenden?
Herzlichen Dank schon im voraus.
LG Doro
Hallo Doro. Schicke ich Dir gleich per eMail, am besten tatsächlich auch jetzt schon oder zumindest frühzeitig buchen, da die beiden normalerweise immer das ganze Jahr über komplett ausgebucht sind.
Hallo,
sehr schöne Bilder. Da wäre ich gerne mit der Kamera unterwegs gewesen. Vor allem fehlt mir noch das Polarlicht.
Liebe Grüße
Thomas
Polarlichter sind quasi das i-Tüpfelchen, egal wo man sie sieht. Das vergisst man nie mehr im Leben, glaube ich. Ich drücke dir die Daumen, dass es irgendwann klappt :-)
Danke für den tollen Bericht. Wir waren im Juli 2012 mit einem Lada Niva oben und haben uns gewundert wie manche Kleinwägen dort hochgekommen sind. Leider sahen wir, bedingt durch die Tageszeit, keine Lundis.
Bitte schick mir die Kontaktdaten von Martina und Jon.
Kleinwagen stehen gefühlt jedes Mal oben am Leuchtturm, so schlimm empfinde ich die Straße aber jetzt eigentlich auch nicht. Ich vermute, irgendwann wird sie leider eh asphaltiert sein :-8 Oder meinst Du jetzt die Straße hoch zum Reynisfjall? DIE ist nämlich echt grenzwertig finde ich, gerade im letzten Teil oben. Da würde ich nicht selber fahren wollen. Bzgl.der Kontaktdaten zu Martina & Jon schicke ich Dir noch eine PN :-)